Bürgergeld: Ab 1. Juli wird der Kooperationsplan mit Sanktionen eingeführt

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Anstelle der alten Hartz-IV-Eingliederungsvereinbarung wird ab dem 1. Juli 2023 der “Plan zur Verbesserung der Teilhabe”, kurz “Teilhabeplan”, von den Jobcentern eingeführt. Was bedeutet das für Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld?

Neuer Plan zur Verbesserung der Teilhabe

Die Eingliederungsvereinbarung heißt jetzt “Plan zur Verbesserung der Teilhabe”, kurz “Teilhabeplan” und die Laufzeit “Teilhabeperiode”. Darin sollen die Eingliederungsziele und die wesentlichen Schritte zur Eingliederung festgehalten werden. Der Teilhabeplan soll nach jeweils sechs Monaten fortgeschrieben und aktualisiert werden.

Kooperationsplan der Jobcenter

Die erstmalige Einladung zum Gespräch zur Erstellung der Potenzialanalyse und des Teilhabeplans erfolgt ohne Rechtsfolgenbelehrung bei Nichtteilnahme.

Weiterhin Sanktionen bei Verstößen gegen die Mitwirkungspflichten

Kommt der Leistungsberechtigte nach Auffassung des Jobcenters seinen Mitwirkungspflichten aus den darin getroffenen “Vereinbarungen” nicht (ausreichend) nach, wird er durch Verwaltungsakt mit Rechtsfolgenbelehrung dazu aufgefordert.

Eine anschließende Pflichtverletzung wird dann sanktioniert. Demnach werden weiterhin Sanktionen seitens der Jobcenter angedroht und auch umgesetzt.

Kann der Kooperationsplan abgelehnt werden?

Kommt ein Mitwirkungsplan nicht zustande oder kann er nicht fortgeschrieben werden, erfolgt die Aufforderung zur Mitwirkung mit Rechtsfolgenbelehrung. Das Jobcenter soll regelmäßig überprüfen, ob die Leistungsberechtigten dem Mitwirkungsplan nachkommen. Aufforderungen hierzu erfolgen grundsätzlich mit Rechtsfolgenbelehrung, insbesondere bei Maßnahmen.

Neues Schlichtungsverfahren

Leistungsberechtigte oder Jobcenter können ein Schlichtungsverfahren beantragen, wenn keine Einigung über den Inhalt des Teilhabeplans erzielt werden kann. Eine Schlichtungspflicht besteht nicht, kommt keine Einigung zustande, wird der Mitwirkungsplan nach 4 Wochen unverändert als Verwaltungsakt erlassen. Bei Meldeversäumnissen beim Jobcenter werden jedoch Leistungskürzungen als Sanktion ausgesprochen.

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Fordern steht im Vordergrund

Das Prinzip des “Forderns” steht weiterhin im Vordergrund, von Mitwirkung kann weiterhin keine Rede sein.

Die Leistungsberechtigten haben keine Möglichkeit, die im Kooperationsplan vereinbarten Pflichten für das Jobcenter einzufordern, da es sich nicht um einen Vertrag im Sinne der §§ 53 ff SGB X handelt, sondern um eine reine Absichtserklärung.

Eingliederungs- und Weiterbildungsmaßnahmen mit Bonus

Bürgergeldempfänger werden für die Teilnahme an solchen Maßnahmen mit einem “Bürgergeldbonus” in Höhe von 75 Euro monatlich belohnt. Wird gegen eine Verpflichtung aus dem Mitwirkungsplan verstoßen, entfällt der Anspruch auf den Bonus dauerhaft.

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten bei Teilnahme an einer Weiterbildung (§§ 16 + 16j SGB II), die zu einem Berufsabschluss führt, ein Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 € monatlich – auch wenn die Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erfolgt.

Dieses Geld ergänzt die bisher schon möglichen Prämien von 1.000 € bzw. 1.500 € bei Bestehen einer Zwischen- bzw. Abschlussprüfung. (vgl. § 87a SGB III-neu).

Ganzheitliche Betreuung durch das Jobcenter

Neu ist die ganzheitliche Betreuung (“Coaching und aufsuchende Sozialarbeit”). Sie kann vom Jobcenter angeordnet oder in einem Mitwirkungsplan festgelegt werden.

Bürgergeld-Bezieher werden dann faktisch rund um die Uhr in allen Lebensbereichen betreut und angeleitet.

Das Jobcenter erfährt so buchstäblich alles über die Leistungsberechtigten und kann ihnen de facto vorschreiben, wie sie zu leben haben.

Damit diese umfassende Einmischung Dritter in höchstpersönliche Lebensbereiche nicht per se verfassungswidrig ist, darf die Verweigerung der Mitwirkung an einer solchen Maßnahme nicht sanktioniert werden.

Was passiert mit den bestehenden Eingliederungsvereinbarungen?

Übergangsregelung: Bestehende Eingliederungsvereinbarungen gelten längstens bis zum 31.Dezember 2023 nach den bisherigen gesetzlichen Regelungen weiter, bis ein Mitwirkungsplan erstellt wurde. Dies schließt Sanktionen ein.

Alles auf “Augenhöhe”?

Fakt ist, dass hier die sog. “Waffengleichheit” nicht gewahrt ist, wie Sozialexperten kritisieren. Ob aus rechtlich unverbindlichen Absprachen eine Befugnis des Jobcenters zum Erlass von Verwaltungsakten abgeleitet werden kann, ist sehr zweifelhaft und muss durch die Rechtsprechung abschließend geklärt werden.

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