BGB schützt Mieter vor Wohnungskündigung durch den Vermieter

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In Zeiten knapper Wohnungsangebote und steigender Mieten stellt eine Kündigung für viele Mieterinnen und Mieter eine enorme Belastung dar. Daher ist es wichtig, sich mit den eigenen Rechten und Möglichkeiten auseinanderzusetzen, um in einer solchen Situation adäquat reagieren zu können, sagt der Volljurist Hibo Smit vom Kieler Mieterverein e.V.

Die Unwirksamkeit von Kündigungen

Nicht jede Kündigung, die Mieterinnen und Mietern ins Haus flattert, hält einer rechtlichen Prüfung stand, sagt der Jurist. Es gibt eine Reihe gesetzlicher Vorgaben, die bei der Aussprache einer Kündigung zwingend eingehalten werden müssen.

So muss eine Kündigung beispielsweise in Schriftform erfolgen und die Kündigungsgründe klar benennen. Wird gegen diese Formalien verstoßen, kann die Kündigung unwirksam sein.

In solchen Fällen ist es empfehlenswert, die Wohnungskündigung nicht auf sich beruhen zu lassen, sondern aktiv zu werden und gegebenenfalls juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen, betont der Mietrechtsexperte.

Rechtliche Möglichkeiten bei wirksamer Kündigung

Selbst wenn eine Kündigung allen formalen Anforderungen entspricht, stehen Mieterinnen und Mietern rechtliche Mittel zur Verfügung, um ihre Wohnsituation zu verteidigen. Insbesondere der § 574 BGB und folgende spielen hier eine zentrale Rolle.

Sie ermöglichen, unter bestimmten Umständen Widerspruch gegen die ordentliche Kündigung einzulegen. Ein solcher Widerspruch ist dann begründet, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses eine unzumutbare Härte für den Mieter, seine Familie oder andere Haushaltsangehörige darstellen würde.

Härtefälle: Wann ein Widerspruch möglich ist

Der Gesetzgeber sieht vor, dass insbesondere die Unmöglichkeit, angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zu finden, eine solche Härte darstellt.

Aber auch gesundheitliche Gründe, tiefe soziale Verwurzelung in der Umgebung oder das Zusammentreffen der Kündigungsfrist mit besonderen Lebensereignissen können einen Widerspruch rechtfertigen.

Ein Härtefall im Sinne der §§ 574 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) liegt demnach vor, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder andere Angehörige des Haushalts eine unzumutbare Härte darstellen würde, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.

Die unzumutbare Härte muss spezifisch auf die Folgen der Beendigung des Mietverhältnisses zurückzuführen sein. Es gibt verschiedene Gründe, die einen Härtefall begründen können, hier sind einige der häufigsten:

  1. Fehlender angemessener Ersatzwohnraum: Ein Härtefall liegt insbesondere vor, wenn der Mieter keinen angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen finden kann. Dabei spielen Faktoren wie die Wohnungsgröße, die Mietkosten, die Lage und die Ausstattung eine Rolle.
  2. Gesundheitliche Gründe: Schwerwiegende gesundheitliche Probleme, die durch einen Umzug verschlimmert würden, können einen Härtefall begründen. Dies gilt insbesondere, wenn die Wohnung auf die gesundheitlichen Bedürfnisse des Mieters oder eines Haushaltsangehörigen angepasst ist.
  3. Hohes Alter: Ein hohes Lebensalter kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einen Härtefall darstellen, besonders wenn mit dem Alter gesundheitliche Einschränkungen einhergehen oder der Mieter lange in der Wohnung gelebt hat und stark in der örtlichen Gemeinschaft verwurzelt ist.
  4. Soziale Verwurzelung: Eine tiefe soziale Verwurzelung in der Umgebung, etwa durch langjährige Nachbarschaftsbeziehungen, ehrenamtliches Engagement oder die Nähe zu sozialen und medizinischen Einrichtungen, kann einen Härtefall begründen.
  5. Schulische und berufliche Integration: Für Familien mit schulpflichtigen Kindern kann ein Umzug, der einen Schulwechsel erforderlich macht, eine unzumutbare Härte darstellen. Ähnliches gilt für Berufstätige, wenn durch den Umzug beispielsweise die Arbeitsstelle nicht mehr erreichbar wäre.
  6. Schwangerschaft: Eine Schwangerschaft kann unter Umständen einen Härtefall darstellen, besonders wenn der Umzug eine gesundheitliche Gefährdung für Mutter oder Kind darstellen würde.
  7. Besondere Lebensereignisse: Einmalige Ereignisse, wie beispielsweise wichtige Prüfungen, die bei einem Umzug beeinträchtigt würden, können einen Härtefall begründen.

Wichtig: Die Entscheidung, ob ein Härtefall gegen die Kündigung der Wohnung vorliegt,  ist immer eine Einzelfallentscheidung ist. Die genannten Gründe müssen ausführlich begründet und nach Möglichkeit durch entsprechende Nachweise belegt werden.

Ein Beispiel aus der Praxis:

Stellen wir uns Robert H. vor, einen alleinerziehenden Vater zweier schulpflichtiger Kinder, der seit über 15 Jahren in derselben Wohnung lebt. Die Wohnung befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Schule seiner Kinder und zu seinem Arbeitsplatz, einem lokalen Krankenhaus, wo er als Krankenpfleger arbeitet.

Über die Jahre hat Robert starke Bindungen in der Nachbarschaft aufgebaut, unterstützt regelmäßig ältere Nachbarn und ist aktives Mitglied im Elternbeirat der Schule seiner Kinder. Seine Wohnung hat er über die Jahre hinweg liebevoll an die Bedürfnisse seiner Familie angepasst.

Eines Tages erhält Robert H. die Kündigung seiner Wohnung, da der Vermieter die Immobilie verkaufen möchte.

Für Robert und seine Familie würde ein Auszug nicht nur den Verlust ihres Zuhauses bedeuten, sondern hätte weitreichende Konsequenzen: Die Suche nach einer vergleichbaren, bezahlbaren Wohnung in derselben Gegend gestaltet sich aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes als äußerst schwierig.

Ein Umzug in ein anderes Viertel oder gar eine andere Stadt würde bedeuten, dass seine Kinder die Schule wechseln und er täglich lange Anfahrtswege zu seiner Arbeit in Kauf nehmen müsste. Zudem würde die Familie ihre sozialen Bindungen und das gewachsene Unterstützungsnetzwerk verlieren.

Roberts Situation stellt ein klassisches Beispiel für einen Härtefall dar. Die Beendigung des Mietverhältnisses würde für ihn und seine Kinder eine unzumutbare Härte bedeuten, da angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

Die tiefen sozialen Verwurzelungen in der Nachbarschaft, die Nähe zur Arbeitsstätte und die schulische Situation der Kinder sind gewichtige Gründe, die im Falle eines Widerspruchs gegen die Kündigung berücksichtigt werden müssen.

In diesem Fall wäre es für Robert ratsam, juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen und unter Berufung auf § 574 BGB Widerspruch gegen die Kündigung einzulegen.  Oft lassen es die Vermieter dann nicht auf eine Klage ankommen.

Der Weg zum Widerspruch

Der Weg des Widerspruchs ist jedoch mit bestimmten formalen Anforderungen verbunden. Um diese korrekt einzuhalten und die eigenen Chancen zu maximieren, ist professionelle Unterstützung unerlässlich. Mietervereinigungen oder spezialisierte Rechtsanwälte können wertvolle Hilfe leisten, indem sie die Situation bewerten, den Widerspruch formulieren und bei den weiteren Schritten beraten.

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