Bayerischer Wirtschaftsminister fordert: Keine Ausbezahlung von Bürgergeld

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Der bayerische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat sich in einem Beitrag auf der Social-Media-Plattform “Twitter” gegen die Auszahlung eines Bürgergeldes an erwerbsfähige Arbeitslose ausgesprochen.

“Bürgergeld darf nicht mehr für Arbeitsfähige ausbezahlt werden”

Wörtlich schrieb Aiwanger auf Twitter: “Bürgergeld darf nicht mehr für Arbeitsfähige ausbezahlt werden, sonst bekommen wir den Arbeitskräftemangel nie in den Griff, selbst wenn noch so viele Menschen einwandern. Der Personalmangel verschärft sich sogar, weil auch diese Menschen betreut/versorgt werden müssen.”

Aussagen von Hubert Aiwanger zum Bürgergeld

Hubert Aiwanger ist kein Hinterbänkler, die häufiger durch populistische Äußerungen auffallen. Aiwanger ist bayerischer Spitzenpolitiker und Amts- und Würdenträger, der das bayrische Wirtschaftsministerium als Landesminister leitet und das Land Bayern damit repräsentiert.

Das Problematische: Aiwanger stellt sich mit dieser Forderung unserer Aufassung nach öffentlich gegen das Grundrecht auf ein Existenzminimum in Deutschland aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG, also gegen die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip.

Fast vier Millionen Menschen in Deutschland wären betroffen

Würden Aiwangers Forderungen umgesetzt, wären Millionen Menschen in Deutschland in ihrer Existenz bedroht. Zudem zeigt Aiwanger, dass er kaum eine Vorstellung davon hat, wie komplex die Problemlagen von Bürgergeldbeziehern sind.

Betroffen wären rund 3,9 Millionen Menschen in Deutschland, die Leistungen nach dem SGB II beziehen. Viele Leistungsbezieher haben jedoch kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt, weil sie beispielsweise alleinerziehend sind oder aufgrund ihres höheren Alters (50+) oder chronischer Erkrankungen als schwer vermittelbar gelten.

In den Boulevardmedien wird häufig ein falsches Bild gezeichnet

Dennoch wurde in den letzten Jahren in den Medien häufig das Bild des “faulen Arbeitslosen” gezeichnet. Natürlich gibt es Menschen, die mit einem geringen Regelsatz auskommen und jedes Arbeitsangebot ablehnen. Das sind aber die absoluten Ausnahmen.

Vor allem in der Boulevardpresse finden aber immer wieder diejenigen Gehör, die mit dieser Haltung bessere Schlagzeilen produzieren. Dadurch hat sich in den Köpfen vieler Menschen ein falsches Bild von erwerbslosen Bürgergeld-Beziehern festgesetzt.

Ausgehend von der Annahme, dass alle Bezieher von Sozialleistungen mit ihrer Situation an der Armutsgrenze eigentlich zufrieden sind, glauben viele Nichtbetroffene, man müsse die Bezieher von Sozialleistungen stärker zur Arbeit drängen, indem man ihre Existenz bedroht und ihnen das Lebensnotwendige vorenthält.

Aussagen wie diese befeuern Scheindebatten und Vorurteile

Verstärkt werden solche Vorurteile durch Äußerungen von Politikern, die sich durch solche Aussagen mehr Unterstützung und Sympathiepunkte erhoffen. Dies geschieht jedoch auf dem Rücken derer, die bereits Mitte des Monats die Hilfe der Tafeln in Anspruch nehmen müssen, weil die Regelleistungen aufgrund der immer weiter steigenden Teuerungsrate kaum noch ausreichen, um sich ausreichend zu ernähren und leben zu können.

Kein Wunder, dass in vielen Kommentarspalten der sozialen Medien mit wüsten Beschimpfungen gegen Arbeitslose zu Felde gezogen wird. Wer das liest und von Armut betroffen ist, wird immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Mit zum Teil schwerwiegenden Folgen für die eigene Psyche.

Anmerkung der Redaktion (1. Juli 2023): Mittlerweile hat Hubert Aiwanger den Tweet gelöscht.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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