24.11.2015
Klaus Leichsenring darf seinen Balkon nicht betreten, weil dann die Wohnung für das Jobcenter zu groß sei. Der Betroffene fasst es nicht, dass man ihm so übel mitspielt, nur weil er nach langer Arbeit aufgrund einer Herzerkrankung Hartz IV beziehen muss.
Balkon-Entzug weil 30 EUR fehlen
Seine 3 Zimmer-Wohnung im sächsischen Bad Schlema ist gerade einmal 55 qm groß. Seit nunmehr 61 Jahren lebt der Mann in dieser Wohnung. Vor kurzem wurde ein Balkon rangebaut. Betreten darf ich den Balkon nicht, sagt er. Das Amt habe ein Balkon-Verbot erteilt. „Mir fehlen genau 30 Euro“, klagt der ehemalige Baumaschinist. So viel würde die Wohnung nun mehr im Monat kosten, weil der Balkon vom Vermieter angebaut wurde. Aber das Jobcenter zahlt partout nur 357 Euro und keinen Cent mehr.
Aus diesem Grund erfand die Hausverwaltung einen merkwürdigen Kompromiss. Leichsenring darf zwar aus dem Fenster schauen, aber den Balkon nicht betreten. Aus diesem Grund wurde auch keine Balkontür wie bei den anderen Bewohnern eingebaut, damit das Verbot ja nicht missachtet wird. Sollte er dennoch eine Getränkekiste auf dem Balkon aufbewahren, droht eine Abmahnung.
Gegenüber der BILD sagte Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes: „Meines Erachtens sollte das Amt bei 30 Euro ein Auge zudrücken. Angemessene Wohnkosten bedeuten für mich nicht nur ortsübliche Vergleichsmieten. Man sollte auch bedenken, wie viel Miete für den Mann gezahlt werden müsste, wenn er jetzt eine neue Wohnung beziehen würde.“ Laut der Hausverwaltung gebe es noch weitere Fälle von Balkon-Entzug, um die Kosten der Unterkunft nach Vorgaben des Jobcenters einzuhalten.
Leichsenring muss seit einem Herzinfarkt Hartz IV beziehen, weil er nach dem Herzanfall seine Arbeit verloren hat. „Als Herzkranker wäre es schön, einen Balkon zu haben. Aber ich vermisse ihn auch nicht. Ich weiß ja nicht, wie es ist, einen zu haben.“ (sb)
Bild: © Tiberius Gracchus – fotolia
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