Die Sätze im BAföG für Kranken- und Pflegeversicherung decken 2024 den Bedarf. Das wird 2025 nicht mehr der Fall sein. Ein Hamburger Rechtsanwalt hält es für verfassungswidrig, wenn die entsprechenden BAföG-Sätze unter dem realen Bedarf liegen.
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2024 deckt das BAföG die Krankenkasse ab
Der Rechtsanwalt Joachim Schaller erläutert: Der Monatsbeitrag im BAföG für die Krankenversicherung beträgt 87,38 Euro. Dazu kommt ein Zusatzbeitrag, den jede Kasse selbst festlegt. Er reicht von 0,2 Prozent bis 1,9 Prozent; im Schnitt liegt er, laut Schaller, bei 14,54 Euro.
Insgesamt werden 2024 also 101,92 Euro im Monat fällig. Damit decken die 102,00 Euro für die Krankenkasse im BAföG den Bedarf ab, wenn wir einen Zusatzbeitrag von 1,7 Prozent zugrunde legen.
Wie sieht es bei der Pflegeversicherung aus?
Wie hoch ist der Beitrag für die Pflegekasse für die betroffenen BAföG-Empfänger (also pflichtversicherte Studierende, Praktikanten und freiwillig Versicherte auf einer Fachschule / Berufsfachschule sowie an ausländischen Universitäten Immatrikulierte)?
Im Wintersemester 2024/2025 liegt er bei Kinderlosen ab 23 Jahren (und damit bei der großen Mehrheit der Studierenden), bei 34,20 Euro. Die 35,00 Euro, die im BAfög dafür vorgesehen sind, decken derzeit also den Bedarf, so Schaller.
Der Beitragssatz steigt
2025 soll sich, laut Beschluss der Bundesregierung, der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung um 0,2 Prozent erhöhen und für kinderlose Studierende ab 23 Jahren bei 35,91 Euro liegen.
Schaller fügt hinzu: “Für 2025 wurde der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz (…) auf 2,5 % erhöht, was zu einem Zusatzbeitrag von monatlich 21,38 € führt.
Fast acht Euro zu wenig für die Pflegekasse
Der gesamte Beitrag zur Krankenversicherung wird dann 108,76 Euro betragen. Der im BAföG enthaltene Zuschlag wäre bereits bei einem Satz von mehr als 1,71 Prozent nicht mehr abgedeckt.
6,76 Euro müssten die Studierenden im nächten Jahr aus ihrem restlichen BAföG abschöpfen. Hinzu kämen 0,91 Euro, die das BAföG im nächsten Jahr nicht mehr bei der Pflegeversicherung decke. Insgesamt bekämen die genannten Studierenden also 7,67 Euro zu wenig.
Minus bei einkommensabhängigen Beiträgen
Größer noch wird im nächsten Jahr die Kluft bei den einkommenabhängigen Beiträgen, so Schaller. Dies betrifft besonders Studierende nach dem 30.Lebensjahr, wenn die Versicherungspflicht endet.
Bei diesen setzt die Kasse ein fiktives Mindesteinkommen von 1.178,33 Euro pro Monat fest (2024), und das BAföG zahlt hier 185,00 Euro. Dieses Geld deckt 2024 den Bedarf bei einem Zusatzbeitrag von bis zu 1,7 Prozent.
Das fiktive Mindesteinkommen erhöht sich
Freiwillig Versicherte ohne Kinder zahlen einen Pflegeversicherungsbeitrag von vier Prozent. Schaller erklärt, dieser sei “bei Ansatz des fiktiven Mindesteinkommens mit 47,13 € aktuell ausreichend durch die 48,00 € (…) BAföG abgedeckt.”
Doch das ändert sich ab dem ersten Januar 2025; die Bezugsgröße erhöht sich dann auf 44.940,00 Euro im Jahr, also um 3,745,00 Euro im Monat; damit beträgt im nächsten Jahr das fiktive Mindesteinkommen 1.248,33 Euro.
Nur noch geringe Zusatzbeiträge sind finanziert
Daraus folgen Monatsbeiträge von 174,77 Euro ohne Zusatzbeitrag. Bei einem durchschnittlichen Zusatz von 2,5 Prozent liegt dieser bei 31,21 Euro.
Die für die Krankenversicherung gezahlten 185,00 Euro sind dann nur noch bei einem Zusatzbeitrag von zu 0,82 Euro bedarfsdeckend.
Freiwillig Versicherte bekommen 25,00 Euro zu wenig
Kinderlose freiwillig Pflegeversicherte zahlen bei einem fiktiven Mindesteinkommen von monatlich 1,248,33 Euro und einem Beitragssatz von 4,2 Prozent monatlich 52,43 Euro.
Frewillig versicherte Studierende mit 2,5 Prozent Zusatzbeitrag müssen im nächsten Jahr mindestens 258,41 Euro im Monat zahlen. Im BAfög sind jedoch nur 233,00 Euro vorgesehen. Die Studierenden zahlen also rund 25,41 Euro aus eigener Tasche.
Der Bedarf wäre beim BAföG 2025 für freiwillig versicherte Studierende ohne Kinder nur noch bis zu einem Zusatzbeitrag von höchstens 0,465 Prozent gedeckt.
Zu niedrige BAföG-Sätze verstoßen gegen das Grundgesetz
Rechtsanwalt Schaller führt derzeit Gerichtsverfahren, denn hält er die zu niedrigen BAföG-Sätze für Kranken- und Pflegeversicherung für verfassungswidrig.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.