BA: Mehr Sanktionen bei Hartz IV

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30.10.2011

Laut eines Berichts des Nachrichtenmagazins „Focus“ will die Bundesagentur für Arbeit (BA) weitaus mehr Sanktionen gegenüber Hartz IV Beziehern aussprechen, als dies in den Vorjahren bereits der Fall war. Laut des Magazins müssen sich „einige hunderttausend Hartz-IV-Empfänger“ im laufenden Jahr auf empfindliche Regelsatz-Kürzungen einstellen.

In einem Interview hatte der Chef der Bundesarbeitsagentur (BA) Frank Jürgen Weise gesagt, die Zahl der Sanktionen gegenüber Arbeitslosengeld II Beziehern habe im ersten Quartal diesen Jahres (Januar bis April) bereits über 300.000 betragen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2010 wurden somit etwa 50.000 Leistungskürzungen mehr ausgesprochen. Bis zum Ende des Jahres glaubt der BA-Chef an einen Rekordwert. Seinen Angaben zufolge werden bis dahin rund 900.000 vorübergehende Kürzungen ausgesprochen werden. Nach Meinung Weises werden die Leistungskürzungen in der Mehrzahl aufgrund von Meldeversäumnissen und abgelehnter Jobangebote von Seiten der Jobcenter ausgesprochen. Mittlerweile würden die Mitarbeiter in den Behörden beim Sanktionieren über eine „gestiegenen Routine“ verfügen.

Im vergangenen Jahr 2010 wurden insgesamt 828.300 Sanktionen gegenüber Hartz IV Empfängern verhängt. Im Jahresdurchschnitt 2010 waren demnach 136.000 Menschen von mindestens einer Leistungskürzung betroffen. In dem Interview behauptete Weise, die Jobcenter „wollen nicht bestrafen“. Vielmehr treten die Fälle ein, „wenn Leistungsempfänger eine zumutbare Arbeit ablehnen oder gesetzlichen Auflagen nicht nachkommen." Weise sieht in den gestiegenen Sanktionierungen ein Anzeichen für die bessere Lage am Arbeitsmarkt. Weil mehr Arbeitsstellen angeboten werden, würden bei Ablehnung auch mehr Kürzungen ausgesprochen, so der BA-Chef.

Rechtswidrige Sanktionen
Weise verschweigt in dem Interview, dass im letzten Jahr die Erfolgsquote bei Widersprüchen bei 42 Prozent lag. Wurde dem Widerspruch nicht stattgegeben, so legten viele Menschen eine Klage beim zuständigen Sozialgericht ein. Dort lag nach Angaben der Arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Linken, Katja Kipping, die Erfolgsrate bei fast 60 Prozent. Es ist daher davon auszugehen, dass viele Leistungskürzungen rechtswidrig ausgesprochen werden, weil sich nur eine Minderheit der Betroffenen aktiv zu Wehr setzt. Hinzukommend können laut einer Gesetzesänderung Hartz IV Bezieher unter 25 Jahre bereits beim ersten Miniverstoß mit einem 100 prozentigen Leistungsentzug bestraft werden. „Viele Jobangebote erinnern eher an Ausbeutung als an gerechter Bezahlung“ kritisierte in diesem Zusammenhang Sebastian Bertram von „gegen-hartz.de“. Vielfach werden den Betroffenen Arbeitsangebote unterbreitet, bei denen sie noch nicht einmal aus der Hartz IV Falle entrinnen können und aufstocken müssen. Aktuelles Beispiel ist die Unternehmenspolitik von Amazon, wo „unfreiwillige Bewerber mit Hilfe des Jobcenters zunächst zwei Wochen ohne Lohn arbeiten müssen“. (sb)