BA-Chef fordert neues Hartz IV-Sanktionsgesetz

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BA plant Hartz IV-Sanktionskatalog

Der Chef der Bundesagentur fรผr Arbeit, Detlef Scheele, fordert die Bundesregierung auf, endlich Rechtssicherheit bei den Hartz IV Sanktionen zu schaffen. In diesem Jahr will die Koalition aus Union und SPD ein neues Gesetz verabschieden. Scheele mahnt zur Eile.

Bundesverfassungsurteil machte Vorgaben

Das Bundesverfassungsgericht hatte im November 2019 zu den Sanktionen eindeutige Vorgaben gemacht. Sanktionen รผber 30 Prozent wurden per Richterspruch gekippt. Zwar erstreckte sich das Urteil nicht auf alle Rechtsgebiete im SGB II, die Richter lieรŸen aber bei Verkรผndung des Urteils durchblicken, dass beispielsweise auch die harten Sanktionen gegen Leistungsbezieher unter 25 Jahren grundgesetzwidrig sind.

BA-Chef fordert rechtssichere Auslegung

Der Vorsitzende der Bundesagentur fรผr Arbeit (BA), Detlef Scheele, fordert eine zeitnahe Verabschiedung neuer Gesetze zu den kรผnftigen Sanktionen bei Hartz IV. “Wir wรผnschen uns eine mรถglichst rechtssichere Auslegung dieses Urteils des Bundesverfassungsgerichtes”, mahnte Scheele gegenรผber der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Die BA hatte zunรคchst eine Weisung erlassen, nachder grundsรคtzlich keine Sanktionen รผber 30 Prozent ausgesprochen werden sollen. Die Weisung gilt zunรคchst als รœbergang bis ein neues Gesetz geschaffen wurde.

Keine pauschalen Sanktionen

Die Richter am Verfassungsgericht mahnten zudem, dass die Regeln nicht zu pauschal sein sollten. So mรผssen Jobcenter kรผnftig auch Hรคrtefรคlle beachten oder Sanktionen auch wieder zurรผcknehmen, wenn der Sanktionierte noch wรคhrend der Sanktionszeit sein Verhalten รคndere. Die Jobcenter-Sachbearbeiter sollen sich kรผnftig jeden Fall einzeln anschauen und einschรคtzen. Wenn nรถtg, sollen Betroffene auch zum Gesprรคch eingeladen werden, um herauszufinden, warum z.B. eine Arbeitsstelle nicht angetreten wurde.

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BA will Sanktionskatalog erstellen

Der BA-Chef kรผndigte daher an, fรผr die Sachbearbeiter in den Jobcentern einen Katalog zu erstellen, nachdem sie sich orienteren kรถnnen. Daran sollen sie ableiten, was eine “Mitwirkung und was ein Hรคrtefall” ist. “Die Kollegen in den Jobcentern haben Interesse daran, so etwas zu haben.” Gegenรผber den Leistungsberechtigten kรถnnen sie dann erklรคren, wann z.B. ein Hรคrtefall vorliegt und wann nicht.

Der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte bereits fรผr das laufende Jahr angekรผndigt, eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten. “Das ist eine Gelegenheit, in dieser Koalition das gesamte System bรผrgerfreundlicher zu machen und zu reformieren”, so Heil.

Hartz IV ist kein Grundeinkommen

Scheele kritisierte ausdrรผcklich nicht, dass nunmehr Sanktionen รผber 30 Prozent nicht mehr mรถglich sind. Das Urteil habe die Diskussion befriedet. “Uns reicht das”, sagte Scheel der dpa. Eine grundsรคtzlich Abkehr vom Sanktionsregime ist das aber nicht. Ob die verbleibenden 70 Prozent als ein “Grundeinkommen” angesehen werden, darรผber mache er sich allerdings keine Sorgen. Die Gruppe derer, die das so sehen, sei verschwindend klein, so der BA-Vorsitzende.

DGB fordert weitgehende Hartz IV Reform

Fรผr den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gehen die kรผnftigen Reformen allerdings nicht weit genug. “Wir fordern fรผr Hartz-IV-Empfรคnger ein Recht auf Weiterbildung und bessere finanzielle Rahmenbedingungen wรคhrend der Teilnahme”, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann gegenรผber der dpa. “Stattdessen gibt es Fehlanreize wie Ein-Euro-Jobs, die sich fรผr Hartz-IV-Bezieher oft eher lohnen als beispielsweise eine Weiterbildung.”

Drehtรผr-Effekt durch Sanktionen

Bezieher von Hartz IV Leistungen brรคuchten eher eine Brรผcke in den ersten Arbeitsmarkt. “Die Realitรคt mit Hartz IV ist aber viel zu oft Armut und massive Verunsicherung”. Sanktionen fรผhren nรคmlich dazu, dass schlecht bezahlte und prekรคre Beschรคftgung angenommen werden mรผssten, da ansonsten die Leistungen gekรผrzt wรผrden. Dadurch entstehe ein Drehtรผr-Effekt, aus dem Betroffene nur sehr schwer rauskรคmen.

Ein Abrutschen in das Hartz IV System darf nicht schon nach 12 Monaten passieren. Zudem seien die Sรคtze fรผr Hartz IV und Grundsicherung viel zu niedrig. “Dazu sollte eine Sachverstรคndigenkommission eingerichtet werden”, die die Hรถhe errechnen und bestimmen, forderte der DGB-Chef.