Aussetzen der Hartz IV Sanktionen eine Mogelpackung

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Aufgrund der Corona-Krise waren die Jobcenter zumeist geschlossen. Meldetermine fanden fanden so gut wie kaum statt. Das fรผhrte zu einem deutlichen Absinken der Sanktionen gegenรผber Hartz IV Beziehenden.

Wieder mehr Sanktionen

Nun aber steigen die Zahlen der verhรคngten Sanktionen wieder an, wie aktuelle Auswertungen der Bundesagentur fรผr Arbeit (BA) belegen.

Nach Angaben der BA wurden 3,1 Prozent der Leistungsberechtigten im letzten Jahr mindestens einmal sanktioniert. Somit ist die Zahl der verhรคngten Sanktionen 2021 gegenรผber dem Vorjahr um etwa 23.000 gestiegen.

Bundesagentur fรผr Arbeit will an Sanktionen festhalten

Die Bundesagentur fรผr Arbeit will zudem an den Strafen festhalten. So sagte der Vorstandsvorsitzenden der BA, Detlef Scheele, dass die Sanktionen als “Handhabe gegen die kleine Gruppe, die sich sonst entzieht” notwendig sei.

Diese ร„uรŸerungen stieรŸen bei dem Paritรคtischen Gesamtverband auf “scharfe Kritik”. “Sanktionen sind weder sachgerecht noch zielfรผhrend und eine Kรผrzung des Existenzminimums nicht zu rechtfertigen”.

Der Verband erinnert an den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, die aktuelle Praxis grundlegend zu reformieren und fordert eine grundsรคtzliche Abschaffung von Hartz-IV-Sanktionen.

Sanktionen nicht zielfรผhrend

“Sanktionen unter das Existenzminimum sind weder sachgerecht noch zielfรผhrend und sie sind schon gar nicht mit unserer Verfassung vereinbar”, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschรคftsfรผhrer des Paritรคtischen Gesamtverbandes.

“Es wird hรถchste Zeit, dass wir diese antiquierte Rohrstockpรคdagogik aus dem vorletzten Jahrhundert รผberwinden und zu einem den Menschen zugewandten sanktionsfreien Hilfesystem gelangen. Wenn es die Bundesregierung ernst meint mit ihrem Bรผrgergeld, ist fรผr eine solche Mentalitรคt schwarzer Pรคdagogik kein Platz mehr in der Bundesagentur fรผr Arbeit.”

Der Verband zeigt sich empรถrt angesichts der jรผngsten Abkehr der Bundesregierung von einem wirklichen Sanktionsmoratorium.

Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Mogelpackung

Ein Gesetzentwurf des Bundesministeriums fรผr Arbeit und Soziales sah Ende Februar noch vor, die geltenden Sanktionsregelungen bis zum Jahresende 2022 befristet auรŸer Kraft zu setzen.

Das Kabinett verstรคndigte sich im Mรคrz dann aber auf einen wesentlich verรคnderten Gesetzentwurf, mit dem die groรŸe Mehrheit der Hartz-IV-Sanktionen beibehalten wรผrde.

“Statt des versprochenen Sanktionsmoratoriums hat die Ampel eine echte Mogelpackung vorgelegt, ein ernรผchterndes und schlechtes Signal fรผr den Umgang mit den ร„rmsten in unserer Gesellschaft”, kommentiert Ulrich Schneider.

Meldeversรคumnisse hรคufigster Grund fรผr Sanktionen

Er wies darauf hin, dass die groรŸe Mehrheit der Sanktionen auf Meldeversรคumnisse entfielen und diese weiter sanktioniert wรผrden.

“Es kann nicht sein, dass der Kรผhlschrank leer bleibt, weil jemand seine Sachbearbeiterin nicht erreicht oder einen Termin verschusselt hat. Diese menschenunwรผrdige Praxis muss beendet werden”, so Ulrich Schneider weiter.