Bürgergeld: Vertrauensschutz schützt vor Rückforderungen des Jobcenters

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Im Sozialrecht schränkt der Vertrauensschutz Rückforderungen ein
Leistungsberechtigte beim Bürgergeld, in der Grundsicherung im Alter oder in der Sozialhilfe haben bisweilen mit Erstattungsforderungen zu kämpfen.

Seien es Fehler bei der Bewilligung des Bürgergeldes, eine Änderung Ihrer Lebenslage oder ungewollte falsche Angaben – wenn der Träger der Leistung Ihnen zu viel Geld ausgezahlt hat, wird er es grundsätzlich zurückfordern.

Keine Willkür, sondern Rechte

Das geschieht nicht willkürlich, sondern nach festen Regeln. Als Leistungsbezieher genießen Sie den sogenannten Vertrauensschutz. Was er bedeutet und in welchen Situationen er Sie vor Rückforderungen schützt, erklären wir in diesem Beitrag.

Wo finden Sie die rechtlichen Grundlagen?

  • § 45 SGB X – Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte
  • § 48 SGB X – Aufhebung bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse
  • § 50 SGB X – Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen (zweiter Schritt nach § 45/48)
  • § 52 SGB X – Verjährung der Erstattungsansprüche (i. d. R. 4 Jahre)
  • § 40 SGB II – Sonderregeln speziell für Bürgergeld (Rückwirkung meist nur bis zum Monatsanfang der Kenntnis)
  • § 44 SGB II, § 116 SGB XII – Billigkeitserlass und Stundung aus Härtegründen

Die Rückforderung verläuft grundsätzlich zweistufig:

  1. Aufhebung bzw. Rücknahme des Bewilligungsbescheids nach § 45 oder § 48.
  2. Erstattungsbescheid nach § 50, der Höhe, Fälligkeit und Verzinsung festlegt und erst die Vollstreckung ermöglicht.

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Was sagt der Paragraf 45?

§ 45 SGB X regelt die Rücknahme eines rechtswidrigen, begünstigenden Verwaltungsakts – etwa wenn Ihr Bürgergeld zu hoch festgesetzt wurde. Hat die Behörde von der Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt, kann sie den Bescheid innerhalb eines Jahres rückwirkend aufheben.

Liegen jedoch vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschangaben vor, etwa weil Einkommen bewusst verschwiegen wurde, erweitert sich dieser Zeitraum auf bis zu zehn Jahre. Wird der Fehler erst nach Ablauf dieser Fristen festgestellt, darf eine Aufhebung nur noch für die Zukunft wirken; bereits gezahlte Leistungen bleiben unberührt.

Ändern sich Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erst später, erfolgt die Aufhebung nach § 48 SGB X; beim Bürgergeld, ist die Rückwirkung dabei in der Regel auf den Monatsbeginn beschränkt, in dem das Jobcenter die Änderung erfährt (§ 40 SGB II).

Was bedeutet jetzt Vertrauensschutz?

Der Vertrauensschutz (§ 45 Abs. 2 SGB X) schränkt die Befugnis der Behörde ein, bereits gewährte Leistungen zurückzufordern.

Voraussetzungen:

  1. Kein Vorsatz / keine grobe Fahrlässigkeit Ihrerseits.
  2. Schutzwürdiges Vertrauen: Sie durften darauf vertrauen, dass der Bescheid richtig ist, und haben die Leistungen bereits verbraucht (z. B. für Miete, Lebensmittel).
  • Interessenabwägung: Die Behörde muss Ihr Vertrauen mit dem öffentlichen Interesse an der Rückforderung abwägen. Ist Ihr Vertrauen über­wiegend schutzwürdig, darf sie den Bescheid nicht rückwirkend aufheben; sie kann höchstens künftige Zahlungen korrigieren.
  • Billigkeitserlass: Selbst wenn ein Erstattungsanspruch besteht, kann die Behörde ihn aus Härtegründen stunden, in Raten begleichen lassen oder ganz erlassen.

Wann gilt kein Vertrauensschutz?

Wenn Sie absichtlich Einkommen oder Vermögen verschweigen, handelt es sich um arglistige Täuschung. Von grober Fahrlässigkeit spricht man, wenn Ihnen der Fehler hätte auffallen müssen – zum Beispiel, weil Sie einen deutlich zu hohen Betrag erhalten oder bei der Antragstellung wesentliche Angaben ausgelassen haben.

Eine erkennbare Rechtswidrigkeit liegt vor, wenn Sie zwar merken, dass etwa eine doppelte Überweisung oder eine offensichtlich falsche Berechnung erfolgt ist, dies aber nicht melden.

Unter allen diesen Umständen darf die Behörde den Bescheid bis zu zehn Jahre rückwirkend aufheben und die zu viel gezahlten Leistungen per Erstattungsbescheid nach § 50 SGB X zurückfordern.

Kurz gefasst:
Der Vertrauensschutz schützt ehrliche Leistungsbezieher: Haben Sie weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zu verantworten und haben Sie das Geld bereits verbraucht, darf das Jobcenter bzw. Sozialamt rückwirkend nur in engen Grenzen kürzen oder zurückfordern. Prüfen Sie jeden Aufhebungs- oder Erstattungsbescheid sorgfältig – gegen fehlerhafte Bescheide können Sie Anhörung, Widerspruch und Klage nutzen.