Aufhebungsvertrag bei Kündigung: So hoch sollte die Abfindung sein

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In der Arbeitswelt ist in den vergangenen Jahren ein deutlicher Trend zu beobachten: Während die Zahl der Kündigungen zurückgeht, steigt die Zahl der Aufhebungsverträge kontinuierlich an.

Doch was verbirgt sich hinter einem Aufhebungsvertrag und warum bevorzugen Arbeitgeber zunehmend diese Variante? Diese und mehr Fragen beantwortet der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christian Lange aus Hannover.

Grundsätzlich handelt es sich um eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Arbeitgeber und Arbeitnehmer setzen sich zusammen, um Konditionen auszuhandeln, die letztlich in einem Vertrag festgehalten werden. Anders als bei einer Kündigung kann ein Aufhebungsvertrag nur geschlossen werden, wenn beide Seiten zustimmen.

In vielen Fällen wollen Unternehmen durch einen Aufhebungsvertrag schnell, unkompliziert und oft auch kostengünstig eine Trennung erreichen, ohne eine reguläre Kündigung mit all ihren formalen und rechtlichen Hürden aussprechen zu müssen.

Für Arbeitnehmer stellt sich jedoch die Frage, ob ein Aufhebungsvertrag auch in ihrem Sinne ist. Denn wo vermeintliche Vorteile wie eine Abfindung locken, können sich gleichzeitig Risiken wie eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verbergen. Auch kann die Höhe der Abfindung niedriger ausfallen, als allgemein üblich.

Wie reagiere ich, wenn mir plötzlich ein Aufhebungsvertrag vorgelegt wird?

Arbeitgeber überraschen ihre Mitarbeiter mitunter in einem Gespräch mit der Bitte, einen Aufhebungsvertrag doch „sofort“ zu unterzeichnen. Häufig wird dabei Druck ausgeübt: „Wenn Sie jetzt nicht unterschreiben, folgt eine Kündigung!“ In solchen Momenten ist es jedoch ratsam, erst einmal tief durchzuatmen und keine übereilte Entscheidung zu treffen.

  • Wichtig: Unterschreibt man den Vertrag spontan, verzichtet man in der Regel auf alle späteren rechtlichen Möglichkeiten, die Bedingungen nochmals anzufechten oder zu verbessern.

Stattdessen empfiehlt es sich, den Entwurf des Aufhebungsvertrags mitzunehmen und in Ruhe zu studieren oder – besser noch – von einer Fachperson (etwa einem Fachanwalt für Arbeitsrecht) prüfen zu lassen. Immerhin handelt es sich um eine der weitreichendsten Vereinbarungen, die man als Arbeitnehmer treffen kann, denn das gesamte Arbeitsverhältnis wird damit beendet.

Nie gleich unterschreiben

Ob ein Aufhebungsvertrag sinnvoll sein kann, hängt stark von der jeweiligen rechtlichen Ausgangssituation ab:

  • Ist das Arbeitsverhältnis ordentlich kündbar oder bestehen erschwerte Bedingungen (z.B. Unkündbarkeit, lange Kündigungsfristen, besonderer Kündigungsschutz)?
  • Handelt es sich möglicherweise um einen tariflich oder vertraglich besonders geschützten Arbeitsplatz?

“Wenn der Arbeitgeber nur mithilfe eines Aufhebungsvertrags kündigungsrechtliche Hürden umgehen möchte, sollte man sich über den eigenen Wert im Klaren sein und entsprechend verhandeln”, sagt Rechtsanwalt Lange.

“Auch eine vermeintlich günstige Abfindung kann sich als zu niedrig erweisen, wenn man im Nachhinein herausfindet, dass das Unternehmen eigentlich gar keinen ordentlichen Kündigungsgrund besessen hätte.”

Aufhebnungsvertrag und Höhe der Abfindung

Entgegen eines weit verbreiteten Irrglaubens existiert im deutschen Arbeitsrecht kein automatischer Anspruch auf eine Abfindung. Vielmehr ist eine Abfindung fast immer Verhandlungssache.

“Arbeitgeber locken häufig mit einer Summe, die allerdings nicht immer so attraktiv ist, wie sie auf den ersten Blick erscheint”, warnt Lange.

Ein berechtigter Richtwert kann die sogenannte Faustformel sein, die für ein reguläres Kündigungsschutzverfahren verwendet wird (beispielsweise ein halbes bis volles Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr).

Nicht selten versuchen Arbeitgeber, mit vergleichsweise niedrigen Beträgen den schnellen Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu erreichen. Wer jedoch die eigene Verhandlungsposition kennt und nicht unter Zeitdruck steht, kann eine deutlich bessere Einigung erzielen. “Hier gilt es, Ruhe zu bewahren und sich notfalls professionelle Unterstützung zu holen, um das bestmögliche Ergebnis herauszuholen”, rät der Experte.

Welche Konsequenzen hat ein Aufhebungsvertrag für Arbeitslosengeld und Sozialversicherung?

Eine wichtige Frage lautet: „Wie geht es nach der Vertragsunterschrift weiter?“ Wer direkt eine neue Stelle in Aussicht hat, kann von einem Aufhebungsvertrag profitieren und sich zudem eine Abfindung auszahlen lassen.

Doch wer nicht unmittelbar einen Anschlussjob hat, muss bedenken, dass die Agentur für Arbeit bei eigenverantwortlichen Vertragslösungen (also der einvernehmlichen Aufhebung) eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängen kann.

Diese Sperrzeit kann dazu führen, dass man erst nach einer gewissen Wartefrist Leistungen bezieht und währenddessen sogar seine Sozialversicherungsbeiträge selbst zahlen muss.

Damit wäre die vermeintlich lukrative Abfindung schnell aufgezehrt. Deshalb gilt es, vorab genau zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen eine Sperrzeit droht und ob es Möglichkeiten gibt, diese zu umgehen oder zu verkürzen (z.B. indem man auf die Einhaltung bestimmter Fristen achtet).

Was sollte ich beim Verhandeln unbedingt beachten?

Obgleich viele Arbeitnehmer Hemmungen haben, mit dem Arbeitgeber zu feilschen, ist es wichtig, die eigene Position zu erkennen und auszuschöpfen. Denn ein Aufhebungsvertrag ist – wie der Name schon sagt – ein Vertrag, in dem beide Seiten übereinkommen.

Das bedeutet, jede Klausel kann theoretisch neu verhandelt werden: von der Höhe der Abfindung über die Dauer der Freistellung bis hin zu einem möglichen qualifizierten Arbeitszeugnis.

  • Tipp: Wer sich das Verhandeln nicht zutraut oder das Gefühl hat, unter Druck gesetzt zu werden, sollte sich professionelle Hilfe suchen.

Gerade wenn der Arbeitgeber signifikant vom gesetzlichen Kündigungsschutz abweichen möchte oder wenn eine besondere Schutzvorschrift (z.B. Mutterschutz, Schwerbehinderung) greift, ist Vorsicht geboten.

Auch in weniger brisanten Fällen macht es Sinn, seine Rechte genau zu kennen oder sich zumindest einmal beraten zu lassen, bevor man unterschreibt.

Ist ein Aufhebungsvertrag für mich persönlich gut oder schlecht?

Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Ein Aufhebungsvertrag kann ein sinnvoller und lukrativer Abschluss sein, wenn beispielsweise

  • bereits ein sicherer Folgejob wartet,
  • die Abfindung hoch genug ausfällt, um etwaige Übergangsphasen abzusichern,
  • oder man ohnehin einen Wechsel geplant hat und diesen möglichst konfliktfrei vollziehen möchte.

Umgekehrt kann ein Aufhebungsvertrag aber auch erhebliche Nachteile bedeuten – vor allem dann, wenn die angebotenen Konditionen nicht fair sind oder wenn eine längere Jobsuche droht und eine Sperrzeit die finanzielle Basis gefährden würde. Eine gründliche Prüfung der Vertragsinhalte ist daher unbedingt erforderlich.

Wie hoch sollte meine Abfindung bei einem Aufhebungsvertrag sein?

Entgegen eines weit verbreiteten Irrglaubens existiert im deutschen Arbeitsrecht kein automatischer Anspruch auf eine Abfindung. Vielmehr ist eine Abfindung fast immer Verhandlungssache. Arbeitgeber locken häufig mit einer Summe, die allerdings nicht immer so attraktiv ist, wie sie auf den ersten Blick erscheint.

Eine gängige Faustformel – die häufig in Kündigungsschutzverfahren herangezogen wird – lautet:

Abfindung=Betriebszugehörigkeit (in Jahren)×Bruttomonatsgehalt×0,5

Das bedeutet: Für jedes Beschäftigungsjahr kann ein halbes Bruttomonatsgehalt als grobe Richtgröße gelten. In vielen Fällen wird jedoch ein abweichender Faktor ausgehandelt – beispielsweise ein 0,7- oder sogar 1,0-Faktor. Dieser Wert ist letztlich Verhandlungsgegenstand und hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa:

  • Droht dem Arbeitgeber bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung eine teure Niederlage?
  • Hat der Arbeitnehmer ein hohes Prozessrisiko?
  • Gibt es tarifliche oder betriebliche Vereinbarungen, die eine Abfindung bereits regeln?

Wie gehe ich am besten vor?

“Einen Aufhebungsvertrag sollte niemand übereilt unterschreiben”, sagt der Anwalt. Die wichtigste Regel lautet: “Ruhe bewahren”. Denn anders als bei einer Kündigung kann der Arbeitgeber nicht einseitig handeln, sondern ist auf das Einverständnis des Arbeitnehmers angewiesen. Genau diese Verhandlungsposition sollte man als Arbeitnehmer nicht leichtfertig verschenken.

  1. Gesprächsnotizen machen: Halten Sie fest, was im Gespräch besprochen wurde und welche Fristen genannt wurden.
  2. Bedenkzeit einfordern: Akzeptieren Sie keinen Vertrag ohne die Möglichkeit, ihn in Ruhe zu prüfen.
  3. Rechtliche Beratung nutzen: Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht oder eine kompetente Beratung kann helfen, Stolperfallen zu vermeiden.
  4. Folgen abwägen: Besteht ein neuer Arbeitsplatz in Aussicht, oder droht Arbeitslosigkeit mit Sperrzeit?

Wer diese Punkte berücksichtigt, kann unliebsamen Überraschungen nach der Unterzeichnung vorbeugen. Sollten dennoch Unsicherheiten bleiben, kann es sich lohnen, zeitnah anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Endgültig gilt: Ob ein Aufhebungsvertrag tatsächlich Vorteile bringt, hängt immer von der individuellen Situation ab. Wer umsichtig vorgeht, kann sich einen fairen Ausstieg sichern – oder auch guten Gewissens ablehnen, falls die Risiken zu groß sind.