Februar 2007: Rechtsberatung รถffnen. Neuer Gesetzesentwurf vorgelegt
Im Mittelpunkt des neuen Gesetzentwurfs steht das neue Rechtsdienstleistungsgesetz, das an die Stelle des Rechtsberatungsgesetzes von 1935 treten soll.
"Mit dem RDG schaffen wir eine europarechts- und verfassungskonforme Regelung, mit der wir uns klar dazu bekennen, das Anwaltsmonopol fรผr den gesamten Kernbereich rechtlicher Dienstleistungen grundsรคtzlich beizubehalten. Dies betrifft einerseits die Vertretung vor Gericht, die auch kรผnftig in Anwaltshand gehรถrt. Aber auch auรergerichtliche Rechtsdienstleistungen sollen im Grundsatz den Rechtsanwรคltinnen und Rechtsanwรคlten โ also den unabhรคngigen Beratern und Vertretern in allen Rechtsangelegenheiten โ vorbehalten bleiben", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Der Entwurf sieht gegenรผber dem geltenden Rechtsberatungsgesetz allerdings รffnungen vor. Dies betrifft einerseits die gesamte unentgeltliche, altruistische Rechtsberatung, die grundsรคtzlich freigegeben werden soll. โKรผnftig soll es karitativen Einrichtungen grundsรคtzlich erlaubt sein, unentgeltliche Rechtsdienstleistungen anzubieten โ das gleiche gilt fรผr Rechtsberatungen im Familien- und Freundeskreis. Der erforderliche Schutz der Rechtsuchenden wird bei der karitativen Rechtsberatung dadurch gewรคhrleistet, dass sie nur durch oder unter Anleitung von Volljuristen erbracht werden darf und bei gravierenden Mรคngeln untersagt werden kannโ, sagte die Bundesjustizministerin.
Auch Nichtanwรคlte sollen kรผnftig im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen Tรคtigkeit juristische Nebenleistungen erbringen dรผrfen. โDiese Regelung im Gesetzentwurf ist so gewรคhlt, dass sie einerseits die verfassungs- und europarechtlich gebotenen รffnungen ermรถglicht und andererseits die Grenzen zulรคssiger Rechtsberatung klar und deutlich hervorhebt. Insoweit sind wir uns mit Bundesrechtsanwaltskammer und Deutschem Anwaltverein einigโ, sagte Brigitte Zypries.
Das bislang geltende Rechtsberatungsgesetz unterstellt nach seinem Wortlaut jede Erledigung fremder Rechtsangelegenheiten dem gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt. Das fรผhrt dazu, dass all diese Tรคtigkeiten grundsรคtzlich nur durch Rechtsanwรคlte oder durch andere Personen mit einer besonderen Erlaubnis zur Rechtsberatung (z.B. Steuerberater oder Inkassounternehmen) erbracht werden dรผrfen. Das Gesetz verwendet daneben auch die Begriffe Rechtsberatung, Rechtsbetreuung und Rechtsbesorgung, ohne diese Begriffe nรคher einzugrenzen. Das RDG ersetzt diese konturenlose Begriffsvielfalt durch den einheitlichen, in ยง 2 Abs. 1 RDG definierten Begriff der Rechtsdienstleistung.
In รbereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind nur noch die Fรคlle echter Rechtsanwendung allein dem Anwalt vorbehalten. Tรคtigkeiten, die sich im Auffinden, der Lektรผre, der Wiedergabe und der bloรen schematischen Anwendung von Rechtsnormen erschรถpft, sind dagegen keine Rechtsdienstleistungen.
Das RDG erlaubt unentgeltliche Rechtsdienstleistungen
ยง 6 RDG erklรคrt die unentgeltliche Rechtsdienstleistung grundsรคtzlich fรผr zulรคssig: Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tรคtigkeit stehen, sollen kรผnftig erlaubt sein.
Das betrifft einerseits die Rechtsberatung im Familien- und Freundeskreis und begรผnstigt andererseits die altruistische, karitative Rechtsberatung. Der Begriff der Unentgeltlichkeit wird enger als im Bรผrgerlichen Recht definiert. "Kostenlose" Serviceangebote (etwa die von einer Bank fรผr den โ potentiellen โ Kunden kostenlos und unverbindlich angebotene Testamentsberatung) sind danach nicht unentgeltlich im Sinne des RDG, weil sie im Zusammenhang mit dem entgeltlichen Geschรคft stehen, fรผr das geworben werden soll.
Werden z.B. in einem Verein oder in sozialen Einrichtungen (Anmerk. z.B. Hartz 4 Erwerbsloseninitiativen) unentgeltlich Rechtsdienstleistungen angeboten, muss die Qualitรคt der Rechtsdienstleistung dadurch sicher gestellt sein, dass eine juristisch qualifizierte Person daran beteiligt wird. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Rechtsdienstleistung unter Anleitung einer Person erbracht wird, die beide Staatsexamen bestanden hat. Die vor Ort beratende Person muss entsprechend geschult und fortgebildet werden, zudem muss die Mรถglichkeit bestehen, zur Not in einem konkreten Fall auf die besonderen juristischen Kenntnisse der anleitenden Person zurรผckgreifen zu kรถnnen.
Zum Schutz der Rechtsuchenden ist es mรถglich, Personen oder Einrichtungen, die auรerhalb des Familien- und Bekanntenkreises dauerhaft unqualifizierten Rechtsrat erteilen, die unentgeltliche Rechtsdienstleistung zu untersagen. (Auszugsweise aus dem Newsletter von bmj.bund.de)
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