Wohnsitzloser Rollstuhlfahrer muss Toilette erreichen können

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OVG Münster: Obdachlosenunterkunft mit Wahrung der Intimsphäre

Ein wohnsitzloser Rollstuhlfahrer kann bei der Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft das Vorhandensein einer für ihn erreichbaren Toilette verlangen. Anderenfalls verletzt die Kommune ihre Pflicht, den Wohnsitzlosen menschenwürdig Obdach zu gewähren, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 7. März 2018 (Az.: 9 E 129/18). Die Toilettenbenutzung müsse zudem unter Wahrung der Intimsphäre möglich sein.

Im konkreten Fall hatte ein Rollstuhlfahrer aus dem Raum Köln seine Wohnung verloren und hatte sich vorübergehend in einer Klinik aufgehalten. Als er dort nicht mehr bleiben konnte, verlangte er von dem zuständigen Ordnungsamt die Unterbringung in einer barrierefreien Obdachlosenunterkunft.

Die Behörde bot ihm in einer Obdachlosenunterkunft ein Zimmer im Erdgeschoss an. Allerdings war die Toilette nicht mit einem Rollstuhl erreichbar.

Der Rollstuhlfahrer zog vor Gericht und beantragte für ein Klageverfahren Prozesskostenhilfe.

Das OVG stellte fest, dass Obdachlose grundsätzlich Anspruch auf eine „menschenwürdige Unterkunft” haben, „die Schutz vor den Unbilden der Witterung bietet sowie Raum für die notwendigsten Lebensbedürfnisse lässt”. Inwieweit eine Unterkunft zumutbar ist, hänge von den besonderen Umständen ab. Dazu gehörten etwa Alter, körperliche und psychische Erkrankungen sowie Pflegebedürftigkeit.

Bei einem obdachlosen Rollstuhlfahrer gehöre zur „menschenwürdigen Unterkunft” nicht nur das Vorhandensein einer Toilette, sondern auch, dass diese für ihn unter Wahrung der Intimsphäre erreichbar ist, betonte das OVG, welches die Prozesskostenhilfe gewährte.

„Eine Toilette, die wegen des Vorhandenseins von Stufen oder wegen der geringen Breite der Türöffnung beziehungsweise geringen Größe des Toilettenraums, die ein Verschließen der Tür zum gemeinschaftlich genutzten Waschraum nicht zulässt, nicht benutzbar ist, genügt diesen Anforderungen nicht”, entschieden die Verwaltungsrichter.

Der Rollstuhlfahrer könne auch nicht auf andere Toiletten verwiesen werden. Denn die Verrichtung des Stuhlgangs sei „grundsätzlich nicht aufschiebbar”.

Mittlerweile wurde dem Rollstuhlfahrer eine barrierefreie Unterkunft gewährt, in der er unter Wahrung seiner Intimsphäre die Toilette nutzen kann. fle/mwo