Urteil: Wohnsitzauflagen für Flüchtlinge erschwert

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VG Stuttgart: Gute Deutschkenntnisse können Auflage entgegenstehen

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Verhängung von Wohnsitzauflagen für Flüchtlinge erschwert. Danach ist eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge oder Flüchtlinge mit einem Aufenthaltstitel nur dann gerechtfertigt, wenn diese für die Wohnraumversorgung, den Erwerb von Deutschkenntnissen und gleichzeitig auch für die Integration in den Arbeitsmarkt notwendig ist, entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem am Mittwoch, 7. August 2019, veröffentlichten Beschluss (Az.: 8 K 2485/19).

Nach den gesetzlichen Bestimmungen kann die Ausländerbehörde für anerkannte Flüchtlinge, Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz oder für Flüchtlinge, die erstmals eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, eine Wohnsitzauflage verhängen. So können in einer Unterbringungseinrichtung des Landes oder der Kommune untergebrachte Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung verpflichtet werden, ihren Wohnsitz in dem betreffenden Ort zu nehmen.

Innerhalb der ersten sechs Monate nach Anerkennung oder der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist eine Wohnsitzauflage zudem möglich, wenn dadurch die Versorgung mit angemessenem Wohnraum, der Erwerb der deutschen Sprache auf dem sogenannten Sprachniveau A2 und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Ausbildung erleichtert wird. Die Länder haben hier einen weiten Entscheidungsspielraum, etwa bei der Frage, was unter einem „angemessenen Wohnraum” zu verstehen ist.

Für Flüchtlinge mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und deren Angehörigen besteht eine Ausnahme bei der Wohnsitzpflicht.

Im jetzt entschiedenen Fall hatte ein 29-jähriger Afghane sich gegen die ihm auferlegte Pflicht gewandt, seinen Wohnsitz für einen Zeitraum von drei Jahren innerhalb eines Stadtkreises zu nehmen. Die Ausländerbehörde hatte die Wohnsitzauflage innerhalb von sechs Monaten nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ausgesprochen. Die Wohnsitzpflicht solle die Versorgung mit angemessenem Wohnraum, dem Erwerb der deutschen Sprache auf dem Sprachniveau A2 und der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erleichtern, so die Behörde.

In ihrem Beschluss vom 27. Juni 2019 erklärten die Verwaltungsrichter die Wohnsitzauflage für rechtswidrig. Die Auflage sei nur dann zulässig, wenn diese gleichzeitig der Wohnraumversorgung, dem Erwerb von einfachen Deutschkenntnissen und der Integration in den Arbeitsmarkt dient. Nur wenn alle drei Integrationsziele bei dem Ausländer noch nicht erfüllt sind, sei eine Wohnsitzauflage gerechtfertigt.

Hier verfüge der afghanische Antragsteller aber bereits über fortgeschrittene Deutsch-Kenntnisse auf dem Sprachniveau B2. Daher sei die Wohnsitzauflage zu Unrecht verfügt worden.

Inwieweit auch andere Verwaltungsgerichte der Auffassung des Verwaltungsgerichts Stuttgart folgen, ist noch offen.

Am 1. März 2016 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die Zulässigkeit von Wohnsitzauflagen für geduldete Flüchtlinge bestätigt (Az.: C-443/14; C-444/14; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Solche Auflagen seien mit EU-Recht vereinbar, wenn dadurch besondere Probleme bei der Integration der Flüchtlinge aufgefangen werden. fle/mwo

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