Wenn eine Ehe nur lรคnger als ein Jahr hรคlt, bevor der Partner stirbt, verweigert die Rentenversicherung eine Hinterbliebenenrente, wenn es keinen Beleg gibt, dass die Ehe nicht als Versorgungsehe geschlossen wurde. Auch eine Hochzeit eine Woche vor dem Tod des Ehemanns rechtfertigt aber unter bestimmten Umstรคnden eine Witwenrente. So entschied das Sozialgericht Heilbronn. (S 11 R 561/12)
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Heirat, Scheidung und Versรถhnung
Die Witwe und der Verstorbene waren bereits bis 2002 fรผr rund 30 Jahre verheiratet gewesen und hatten sich scheiden lassen, auf Bestreben der Ehefrau. Der Grund sei, so die Hinterbliebene, die schwere Alkoholkrankheit des Mannes gewesen. Er habe sich jedoch in den Jahren nach der Scheidung gewandelt und zum christlichen Glauben gefunden. Sie hรคtten sich versรถhnt.
Der Mann erkrankte an Krebs. Die Frau pflegte ihn von Beginn dieser Erkrankung bis zu seinem Tod, dies gab die Witwe ebenso zu Protokoll wie die gemeinsamen Kinder. Faktisch hรคtten sie die Ehe seit lรคngerem wieder aufgenommen.
Erneute Heirat, um mit Gott ins Reine zu kommen
Als klar wurde, dass der Mann sterben wรผrde, hรคtten sie erneut geheiratet. Die Witwe sagte, dies sei geschehen, um โmit Gott uns Reine zu kommenโ und โaus wahrer Liebeโ.
Tod war vorhersehbar
Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Wรผrttemberg weigerte sich, der Witwe nach nur einer Woche erneuter Ehe mit demselben Mann, eine Hinterbliebenenrente auszuzahlen.
Die Rentenkasse argumentierte, der Tod des Mannes sei vorhersehbar gewesen, und die Ehe sei geschlossen worden, um der Frau die Versorgung zu schaffen.
Starkes, aber nicht zwingendes Indiz
Der Widerspruch der Witwe gegen den Bescheid der Rentenversicherung blieb erfolglos, und deshalb reichte sie Klage ein vor dem Sozialgericht Heilbronn. Hier bekam sie Recht.
Das Gericht erlรคuterte, dass eine Witwe keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente hat, wenn die erst kurz vor dem Tod des Versicherten geschlossene Ehe vor allem ihrer Versorgung dient.
Die Richter fรผhrten aber aus, dass eine kurz vor dem Tod des Partners geschlossene Ehe zwar ein starkes Indiz sei fรผr eine solche Versorgungsehe, aber kein zwingendes.
Richter sind รผberzeugt von wahrer Liebe
Die Richter hielten die Ausfรผhrungen der Witwe und der gemeinsamen Kinder fรผr glaubwรผrdig, dass der gemeinsame Wunsch, vor Gott โins Reine zu kommenโ und die โwahre Liebeโ die entscheidenden Grรผnde fรผr die erneute Eheschlieรung gewesen seien.
Auch sahen die Richter kein Motiv fรผr eine Versorgungsehe. Denn die Frau hรคtte ein Vermรถgen von 160.000 Euro sowie zwei eigene Renten und sei finanziell hinreichend abgesichert.
Vorhersehbarer Tod muss keine Versorgungsehe bedeuten
Die Deutsche Rentenversicherung zahlt eine Hinterbliebenenrente regulรคr, wenn die Ehe ein Jahr oder lรคnger anhรคlt. Ausnahmen sind unvorhersehbare Tode zum Beispiel durch einen Unfall. Diese Regelung soll verhindern, dass eine Ehe nur geschlossen wird, um nach dem absehbaren Tod des Partners versorgt zu werden.
Die Richter stellten jetzt klar, dass ein absehbarer Tod des Partners zwar stark dafรผr spricht, dass es sich um eine Versorgungsehe handelt, aber nicht immer ein Beweis dafรผr ist. Tatsรคchlich war auch in diesem Fall der absehbare Tod des Partners der Grund fรผr die Eheschlieรung. Dabei ging es aber nicht um die Versorgung der Ehefrau nach dem Tod, sondern um ein christlich-religiรถses Motiv.
Wahre Liebe reicht nicht aus
Die โwahre Liebeโ schlieรt aber allein eine Versorgungsehe nicht aus. Auch wenn Partner sich lieben und lange Jahre unverheiratet zusammen leben, handelt es sich um eine Versorgungsehe, wenn sie kurz vor dem absehbaren Tod des Partners heiraten, damit der รberlebende abgesichert ist.
In diesem konkreten Fall kam hinzu, dass die Witwe รผber ausreichend finanzielle Ressourcen verfรผgte, um den Verdacht einer Versorgungsehe auszurรคumen.




