Denn wenn Arbeitslose einen Umzug nicht unverzüglich bei der Bundesagentur für Arbeit an zeigen, entfällt hierdurch ihre Erreichbarkeit und damit auch ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dies gilt auch, wenn die Arbeitslose das Arbeitslosengeld im Rahmen der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung bezieht (§ 145 SGB III). So ein aktuelles Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen zum Arbeitslosengeld 1.
Erreichbarkeit – Verfügbarkeit – Nahtlosigkeitsregelung; Rücknahme; Umzug; Wirkung für die Vergangenheit
Mitteilungspflicht nach § 60 SGB 1
Die Mitteilungspflicht nach § 60 SGB I (hier: bezüglich des Umzugs) besteht gegenüber dem zuständigen Sozialleistungsträger, also demjenigen Sozialleistungsträger, der die Leistung gewährt, bezüglich derer die Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I besteht.
Dadurch kann die Mitteilung einer neuen Adresse bei einem – anderen Sozialleistungsträger – in aller Regel nicht die gegenüber dem zuständigen Sozialleistungsträger bestehende Mitteilungspflicht erfüllen.
Weiterhin führt das Gericht aus
Die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X (ggf. i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X – ein Jahr seit Kenntnis der eine Rücknahme/Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen) findet keine Anwendung auf § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X (Nachholung der Anhörung). Soweit der Rücknahme-/Aufhebungsbescheid innerhalb der Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ergangen ist, kann die Nachholung auch noch nach Ablauf dieser Jahresfrist wirksam nachgeholt werden (z.B. im Klageverfahren).
Anmerkung Detlef Brock
Umzugsstress steht der Annahme einer groben Fahrlässigkeit und damit einer Aufhebung von Arbeitslosengeld in der Regel nicht entgegen. Ausnahmen sind aber denkbar – zum Bsp., wenn die Meldung bei der Agentur für Arbeit ein paar Tage später eingeht, aber man sollte es nicht drauf ankommen lassen.
Ein solcher Umzugsstress könnte zwar möglicherweise eine um wenige Tage verzögerte Umzugsmeldung rechtfertigen, nicht jedoch eine erst mehr als 2,5 Monate nach dem Umzug erfolgende Umzugsmeldung.
Arbeitslosen werden in der Regel – Merkblätter – ausgehändigt. Dort ist meistens vermerkt, dass ein Umzug – unverzüglich – an zu zeigen ist, ansonsten drohe die Aufhebung des Arbeitslosengeldes.
Tipp
Man sollte aufgrund von Umzugsstress den Wohnungswechsel der Bundesagentur für Arbeit vor dem Umzug mitteilen.
Praxistipp
Die Fiktionswirkung der sog. Nahtlosigkeitsregelung (§ 145 SGB III) greift hinsichtlich der objektiven Verfügbarkeit nur, soweit der Versicherte die Tatbestandsmerkmale der Arbeitslosigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht erfüllt.
Alle vom gesundheitlichen Leistungsvermögen unabhängigen Tatbestandsvoraussetzungen müssen dagegen tatsächlich vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2007 – B 11a AL 31/06 R – ).
Ein auf einem anderen Grund beruhender Wegfall der Verfügbarkeit lässt somit auch im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung den Alg- Anspruch entfallen, also auch die Nichterreichbarkeit i.S.d. EAO.
Rechtstipp
Arbeitslose, die Umzug nicht rechtzeitig melden, verlieren Anspruch auf Arbeitslosengeld. Teilen Arbeitslose einen Umzug der Agentur für Arbeit nicht rechtzeitig mit, verlieren sie ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das hat das SG Koblenz mit Urteilen vom 09. und 23.03.2016 – S 9 AL 145/14 und S 9 AL 165/14 – entschieden.
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Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.