Hilfe zur Pflege muss das Sozialamt nur als Darlehen erbringen bei Vermögensüberstreitung aufgrund von Immobilienvermögen und der Verwertung eine Härte im Sinne des § 19 Abs. 3 SGB XII nicht entgegen stand.
Zum einzusetzenden Vermögen gehören auch ein schuldrechtlicher Anspruch auf Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft.
Auch diesen Anspruch hat ein Leistungsberechtigter grundsätzlich zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit als Vermögensgegenstand einzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 – B 14 AS 42/07 R -).
Verweigerte die Erbengemeinschaft während des streitgegenständlichen Zeitraums der Betreuerin der Verstorbenen die Mitwirkung an der Veräußerung deren Anteils, sodass eine kurzfristige Verwertung des vorhandenen Vermögens nicht möglich war, muss das Sozialamt die Hilfe zur Pflege als Darlehen erbringen( LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 29.04.2025 – L 2 SO 545/25 – ).
Begründung des Gerichts
Rechtsgrundlage für die Bewilligung der Hilfe zur Pflege als Darlehen ist § 91 Abs.1 SGB XII. Soweit nach § 90 SGB XII für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll nach dieser Vorschrift die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden.
Das Vermögen gehörte weder zum Schonvermögen (§ 90 Abs. 2 SGB XII) noch stand der Verwertung eine Härte im Sinne des § 19 Abs. 3 SGB XII entgegen.
Zum gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII einzusetzenden Vermögen gehören auch ein schuldrechtlicher Anspruch auf Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft (§§ 2042, 2046 ff. Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -) und der hiermit verbundene Anspruch auf einen Anteil am Auseinandersetzungsguthaben nach § 2047 BGB.
Auch diesen Anspruch hat ein Leistungsberechtigter grundsätzlich zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit als Vermögensgegenstand einzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 – B 14 AS 42/07 R -; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. März 2019 – L 19 AS 1096/17 -).
Fazit
Ungeteilte Erbengemeinschaft
1. Die Erbengemeinschaft verweigerte während des streitgegenständlichen Zeitraums der Betreuerin der Verstorbenen die Mitwirkung an der Veräußerung deren Anteils, sodass eine kurzfristige Verwertung des vorhandenen Vermögens nicht möglich war.
2. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 91 Satz 1 SGB XII waren erfüllt, denn die sofortige Verwertung des Grundvermögens war nicht möglich, da die Verstorbene selbst und auch die übrigen Miterben keine Verwertung des Grundvermögens wollten.
3. Die Verwertung hätte daher erst am Ende eines zivilrechtlichen und betreuungsrechtlichen Verfahrens erfolgen können. Für die Dauer dieses Verfahrens musste jedoch der Pflegeheimplatz der F. ( Verstorbene ) gesichert bleiben.
Praxistipp aufgearbeitet von Detlef Brock – zum Bürgergeld bei Erbengemeinschaft und 1 Million Euro Immobilienbesitz
Kein Bürgergeld Anspruch bei größerer Erbschaft, denn Jobcenter dürfen Bürgergeld streichen, sobald der Nachlassanteil der Antragstellerin oder des Antragstellers das Schonvermögen überschreitet und objektiv verwertbar ist.
Mit Beschluss v. 10.04.2025 – L 2 AS 2884/24 – hat das Landessozialgericht Baden – Württemberg in beachtlicher Weise fest gestellt, dass keine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB 2 gegeben ist bei größerer Erbschaft.
1. Als Vermögensgegenstände eines Miterben in ungeteilter Erbengemeinschaft, während der er nicht über einzelne Vermögensgegenstände verfügen kann (§ 2033 Abs. 2 BGB), sind in die Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach §§ 9, 12 SGB II einzubeziehen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 27.01.2009 – B 14 AS 42/07 R – ).
2. Von einer Verwertbarkeit dieser Vermögensgegenstände ist auszugehen, wenn keine rechtlichen Verwertungshindernisse bestehen und sie tatsächlich verwertbar sind, d.h. für sie in absehbarer Zeit Käufer zu finden sind, weil Gegenstände dieser Art marktgängig sind. Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
3. Auch hier wäre ein Darlehen vom Jobcenter möglich gewesen, welches aber nicht gewollt war – § 24 Abs. 5 SGB 2).
Expertentipp zu Pflegeheimkosten
1. Pflegeheimkosten sind für viele Menschen kaum noch finanzierbar, es bleibt nur noch der Weg zum Sozialamt. In der Pflege können 10.000 Euro als Schonvermögen bei Bezug von Sozialhilfe oder Hilfe zur Pflege geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass dieser Betrag nicht für die Pflegeheimkosten eingesetzt werden muss. Für Ehepaare gilt ein Schonvermögen von 20.000 Euro.
2. Als Vermögen sind in der Sozialhilfe auch Beträge zu berücksichtigen, deren Verbleib ungeklärt sind ( LSG NRW Az. L 9 SO 259/23 ).
3. Von diesem Grundsatz bestehen jedoch Ausnahmen, insbesondere bei psychischen Erkrankungen wie zum Beispiel Demenz. Dies kann dazu führen, dass Sozialhilfe ausnahmsweise auch bei Restzweifeln zu bewilligen ist.
4. Ist das Sozialamt der Meinung, es sei naheliegend, dass das Vermögen von einem Dritten entzogen worden ist, ist er verpflichtet, zur Aufklärung von Regressmöglichkeiten weitere Ermittlungen durchzuführen, – nicht aber berechtigt – , den Anspruch des Leistungsberechtigten auf Übernahme der Heimkosten abzulehnen.
Denn nach gefestigter Rechtsprechung gilt:
Die Annahme von Hilfebedürftigkeit setzt grundsätzlich voraus, dass der Verbleib von Vermögen nachgewiesen wird, wenn ein solches zu einem früheren Zeitpunkt vorhanden gewesen ist (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 14.12.2016 – L 34 AS 1350/13; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 06.04.2018 – L 20 SO 199/17).
Davon abweichend kann aber in Fällen, in denen der Verbleib von vorhandenem Vermögen aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen des Leistungsberechtigten, insbesondere einer Demenzerkrankung, nicht mehr vollständig geklärt werden kann, reduzierte Anforderungen an den Nachweis des Verbleibs des Vermögens (vergl. dazu auch Beschlüsse des LSG NRW vom 25.10.2017 – L 9 SO 413/17 B ER und vom 29.11.2024 – L 9 SO 245/24 B ER) zu stellen sein.
Dürfen Sozialämter wirklich jedes Detail eines Vermögensverbrauchs hinterfragen
Für den Fall, dass die fehlende Erklärung für den Verbleib des Geldes auf einer manifestierenden, progredienten geistigen Erkrankung beruhe, sei eine Ausnahme von dem Grundsatz zu machen, dass der Hilfesuchende die objektive Beweislast für das Nichtvorliegen von Vermögen trage (Bezugnahme auf den Beschluss des LSG NRW vom 25.10.2017 – L 9 SO 413/17 B ER).
Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Antragstellerin zwar keine demenzielle Erkrankung gehabt hat, aber es habe ein altersbedingter geistiger und körperlicher Abbauprozess stattgefunden ( Bezugnahme auf LSG NRW, Urteil vom 28.09.2023 – L 9 SO 170/21 – ).