Ein im Sozialhilfe-Regelsatz enthaltener Bedarf für Mobilität schließt die Übernahme von Mehrkosten behinderungsbedingt anfallender Mobilitätsbedarfe als Eingliederungshilfeleistung nicht aus.
Eingliederungshilfeleistung zur sozialen Teilhabe in der Gesellschaft
Decken die Grundsicherungsleistungen bei gehbehinderten Sozialhilfebezieherinnen und -beziehern die Mehrkosten für den im Land Berlin eingeführten Sonderfahrdienst für gehbehinderte Menschen nicht ab, können diese als Eingliederungshilfeleistung zur sozialen Teilhabe in der Gesellschaft geltend gemacht werden, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Dienstag, 12. Dezember 2023, verkündeten Urteil (Az.: B 8 SO 9/22 R).
Im aktuellen Fall ging es um die Kostenübernahme für die Zuzahlung des in Berlin eingeführten Sonderfahrdienstes. Diesen können gebehinderte Menschen mit dem Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Behinderung) nutzen.
Teilnahmeberechtigt sind danach Menschen mit dem landesrechtlichen Merkzeichen „T“ (Telebus/Sonderfahrdienst), die zudem keine Treppen steigen können. Betroffene können den Sonderfahrdienst für Freizeitaktivitäten nutzen, nicht aber für Fahrten zum Arzt, zur Arbeit oder zur Tagespflege oder Schule.
Bei der Nutzung wird eine Zuzahlung fällig, so etwa ab der neunten Fahrt fünf Euro.
Die heute 85-jährige Klägerin ist auf Grundsicherung im Alter angewiesen und nutzte den Sonderfahrdienst. Dieser bot auch eine Treppenhilfe an und trug die Frau in den 5. Stock ihrer Wohnung. Die Zuzahlungen wollte sie sich als Eingliederungshilfeleistung vom Land Berlin erstatten lassen.
Sozialhilfe schließt Eingliederungshilfe für Fahrdienst nicht aus
Das Land Berlin erkannte nur die Kosten für die Treppenhilfe als Eingliederungshilfe an, nicht aber die Zuzahlung für die Fahrten. Der Sozialhilfe-Regelsatz decke bereits Bedarfe für Fahrten in der Freizeit ab.
Außerdem sei bei ihr wegen der Gehbehinderung ein Mehrbedarf anerkannt worden, so dass die Rentnerin die Kosten daraus bezahlen könne.
Das BSG verwies den Fall an das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam zur weiteren Prüfung zurück. Es sei denkbar, dass die Klägerin Anspruch auf weitere Eingliederungshilfeleistungen für den Sonderfahrdienst hat.
Gehbehinderte Menschen hätten Anspruch auf soziale Teilhabe und Eingliederung in die Gesellschaft. Zu den Eingliederungshilfeleistungen gehörten auch Mobilitätsbedarfe wie hier der Sonderfahrdienst in Berlin. Falle in der Freizeit ein Mobilitätsbedarf an, müsse dieser vorrangig aus der Sozialhilfeleistung gedeckt werden, so das BSG.
BSG verweist auf soziale Teilhabe gehbehinderter Rentnerin
Seien die Mobilitätskosten für die Eingliederung in die Gesellschaft und zur sozialen Teilhabe aber höher als der im Sozialhilfe-Regelsatz vorgesehene Mobilitätsbedarf, komme eine Erstattung der Mehrkosten als Eingliederungshilfeleistung in Betracht.
Der Anspruch bestehe nur, wenn andere Sozialleistungen diese Kosten nicht abdecken, so das BSG. Entstünden Mehrkosten für die vom Sonderfahrdienst durchgeführten Freizeitfahrten, seien diese zur Sicherstellung der sozialen Teilhabe zu übernehmen. Nicht in der Freizeit durchgeführte Fahrten von Assistenzdiensten zählten ohnehin generell als zu übernehmende Eingliederungshilfeleistung fle/mwo
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