Sozialhilfe: Kosten für 2 Lagerboxen muss das Sozialamt als Unterkunftskosten zahlen

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Kosten für die Einlagerung von Gegenständen können wegen der Größe der Wohnung Kosten der Unterkunft sein

Hat der Hilfebedürftige nicht mehr als ein “Dach über dem Kopf”, kann er nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung einen Anspruch auf die Anmietung eines weiteren Zimmers haben, wenn dadurch die im Rahmen der Produkttheorie zu beachtende Grenze nicht überschritten wird (§ 22 Abs. 1 SGB II/ § 35 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII).

Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, ist stets eine Frage des Einzelfalls ( BSG, Beschluss vom 13.02.2019 – B 14 AS 220/18 B – ).

Sozialhilfeträger müssen bei besonders kleinen Wohnungen die Anmietung eines zusätzlichen Zimmers übernehmen, wenn die Größe der konkreten Wohnung die vorübergehende anderweitige Unterbringung von nicht benötigtem Hausrat und angemessenen persönlichen Gegenständen erfordert ( BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 1/08 R -).

Um was ging es in dem Fall?

Eine Hilfebedürftige zog nach dem Verlust ihrer Wohnung (70 qm) in eine Sozialhilfewohnung (33 qm).

Die Klägerin lagerte ihre Möbel (z.B. Couchtisch, Eckschrank, Kommode) und diverse Gebrauchsgegenstände (z.B. Kleidung, Bücher, Geschirr) in zwei Lagerboxen zum Preis von insgesamt 282,95 € monatlich ein.

Die Angemessenheit der Einlagerungskosten beurteilt sich in erster Linie danach, ob die isolierte Miete für den zusätzlichen Lagerraum im Verhältnis zum Wert des eingelagerten Gutes wirtschaftlich ist.

Unangemessene Lagerkosten werden vom Sozialhilfeträger nicht übernommen

Die monatlichen Lagerkosten von insgesamt 282,95 € entsprächen nahezu der Nettokaltmiete für die Wohnung der Klägerin und seien daher unangemessen.

Sowohl die Vorinstanz als auch das LSG Baden-Württemberg verneinten die Übernahme der Lagerkosten nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII. Die Anmietung von Lagerboxen – entbindet den Sozialhilfeträger nicht von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten.

Der Sozialhilfeträger ist nicht verpflichtet, die Kosten für zusätzlichen Lagerraum (hier: 2 Lagerboxen) zu übernehmen, wenn sich der Hilfebedürftige einer diesbezüglichen Prüfung des Sozialhilfeträgers durch Inaugenscheinnahme der eingelagerten Möbel und sonstigen Gegenstände widersetzt.

So kann nicht geprüft werden, ob es sich bei den eingelagerten Gegenständen (teilweise) um solche handelt, die die Antragstellerin als ungeschütztes Vermögen zu verwerten hätte.

Schließlich kann nicht geprüft werden, ob die (isolierten) Aufwendungen für diesen zusätzlichen Lagerraum im Verhältnis zum Wert der eingelagerten Gegenstände wirtschaftlich sind.

Denn insoweit ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass der Sozialhilfeträger für zwei Jahre Einlagerungskosten in Höhe von ca. 6.000,00 € getragen hat, ohne dass ab dem 1. Juli 2018 weiterhin absehbar war und derzeit absehbar ist, dass sich an dieser Situation durch den Bezug einer anderen Wohnung durch die Klägerin etwas ändern wird. Die Kosten für einen zusätzlichen Abstellraum waren daher nicht zu übernehmen. Urteil und Beschluss des LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.08.2024 – L 2 SO 1793/23 -.

Praxistipp Detlef Brock zu Einlagerungskosten beim Bürgergeld/Sozialhilfe

Zu den Kosten der Unterkunft gehören auch die angemessenen Kosten einer Einlagerung (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 1/08 R – ).

Das BSG geht in dieser Entscheidung davon aus, dass der Bedarf für die Kosten der Unterkunft nicht bereits dann gesichert ist, wenn die Kosten für eine Unterkunft übernommen werden, die lediglich das Bedürfnis nach Schutz vor der Witterung und nach Schlaf befriedigt.

Vielmehr muss die Unterkunft auch die Aufbewahrung der persönlichen Habe des Hilfebedürftigen ermöglichen.

In Betracht kommen daher Konstellationen, in denen der angemietete Wohnraum so klein ist, dass es nicht ausgeschlossen erscheint, dass für die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich des Hilfebedürftigen (z.B. Kleidung, Hausrat etc.) in angemessenem Umfang zusätzliche Räumlichkeiten benötigt werden.

Wird der dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzubilligende Standard in einem Maße unterschritten, dass der Hilfebedürftige nicht mehr als ein „Dach über dem Kopf“ hat, entspricht es den Zielen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II – hier entsprechend den Zielen des § 35 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII -, den zuzubilligenden Standard ggf. durch Anmietung eines weiteren Raumes sicherzustellen, wenn dadurch die im Rahmen der Produkttheorie zu beachtende Angemessenheitsgrenze nicht überschritten wird.

Die Anmietung von Räumlichkeiten – hier die Anmietung von Lagerboxen – entbindet den Sozialhilfeträger jedoch nicht von einer Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten.

Maßgeblich für diese Prüfung ist zum einen die Höhe der Gesamtkosten der angemessenen Räumlichkeiten.

Zum anderen bestimmt sich die Angemessenheit der Aufwendungen für einen zusätzlichen Raum – hier die Aufwendungen für (zusätzlichen) Lagerraum – aber auch danach, ob diese Gegenstände in einem nachvollziehbaren Verhältnis zur Lebensgestaltung des Hilfebedürftigen stehen.

Ein Anspruch auf Übernahme von Unterkunftskosten besteht z.B. nicht, wenn diese auf die Lagerung von Gegenständen zurückzuführen sind, die einer ausgeprägten Sammelleidenschaft (vgl. hierzu LSG BB, Urteil vom 06.05.2022 – L 34 AS 2279/18 -) oder einer unangemessenen Vorratshaltung entspringen.

Schließlich darf es sich nicht um Gegenstände handeln, die der Hilfebedürftige als ungeschütztes Vermögen vor der Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen verwerten muss.

Darüber hinaus muss die (isolierte) Miete für den zusätzlichen Lagerraum in einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Wert der eingelagerten Gegenstände stehen.

Praxishinweis

Rechtsgrundlage für die Kosten der Einlagerung ist § 22 Abs. 1 SGB II bzw. in der Sozialhilfe § 35 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII. Es kommt immer auf den Einzelfall an.