Sozialhilfe für EU-Bürger auch bei Obdachlosigkeit

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LSG Stuttgart sieht auch bei Notunterkunft „verfestigten Aufenthalt“

31.05.2016

(jur). Auch bei einer Obdachlosigkeit und einer Unterbringung in einer städtischen Notunterkunft können EU-Bürger auf einen dauerhaften „verfestigten“ Aufenthalt in Deutschland verweisen und Sozialhilfe beanspruchen. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 12. Mai 2016 entschieden (Az.: L 7 SO 1150/16 ER-B).

Die Stuttgarter Richter sprachen damit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einer obdachlosen Frau befristet Sozialhilfeleistungen zu. Die EU-Bürgerin war Ende Februar 2015 nach Deutschland eingereist und lebt seit August 2015 im Raum Freiburg. Wegen ihrer Obdachlosigkeit ist sie in einer städtischen Notunterkunft untergebracht.

Ihren Antrag auf Sozialhilfeleistungen lehnte der Sozialhilfeträger ab.

Das LSG entschied nach erster Prüfung im Eilverfahren, dass die Frau als EU-Bürgerin wohl Sozialhilfeleistungen beanspruchen könne. Das Sozialamt müsse ihr für die Zeit vom 1. Mai 2016 bis längstens 30. Juni 2016 erst einmal 80 Prozent des Sozialhilfesatzes für Alleinstehende zahlen, damit ihr Existenzminimum gesichert ist.

Die Stuttgarter Richter beriefen sich dabei auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts unter anderem vom 3. und 16. Dezember 2015 (Az.: B 4 AS 44/15 R, B 14 AS 15/14 R und weitere; JurAgentur-Meldungen vom Urteilstag). Danach können EU-Bürger, die sich zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten zwar kein Arbeitslosengeld II beanspruchen, ihnen könnten aber bei einem „verfestigten Aufenthalt“ in Deutschland von in der Regel mehr als sechs Monaten Sozialhilfeleistungen zustehen. Wegen Krankheiten oder anderer persönlicher Umstände kann danach auch vorher schon ein Leistungsanspruch bestehen.

Im konkreten Fall stehen die Obdachlosigkeit und der Umstand, dass die Frau seit 25. September 2015 in der städtischen Notübernachtung lebt, einem „verfestigten Aufenthalt“ nicht entgegen, so das LSG. Entscheidend sei, dass der „örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse“ sich faktisch dauerhaft im Inland befindet und der Aufenthalt in Deutschland „zukunftsoffen“ ist.

Hier halte sich die Antragstellerin seit mindestens sechs Monaten in Deutschland auf, so dass von einem „verfestigten Aufenthalt“ auszugehen sei. Den vollen Sozialhilfesatz könne sie aber nicht beanspruchen, da einige Bedarfe wegen ihrer Obdachlosigkeit nicht anfallen. Angemessen seien daher 80 Prozent des Sozialhilfesatzes, entschied das LSG Stuttgart. fle/mwo