Schwerbehinderung: Unbefristete Bewilligung beim persönlichen Budget durchgesetzt

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Ein Verwaltungsakt, der ein persönliches Budget bewilligt, kann nicht befristet werden. So entschied das Bundessozialgericht in einem konkreten Fall (B 8 SO 9/19 R) und stellte darüber hinaus weit reichende Leitlinien auf für das Recht der Eingliederungshilfe, wie es im Bundesteilhabegesetz formuliert ist.

Unbefristete Bewilligung von Eingliederungshilfe

Das Gericht stellte klar, dass keine Rechtsvorschrift die Möglichkeit einräumt, das Persönliche Budget befristet zu bewilligen. Dieses gelte auch für die gesamte Eingliederungshilfe – selbst dann, wenn sie nicht als persönliches Budget bewilligt wird. Folglich sind Befristungen des Persönlichen Budgets und der Eingliederungshilfe rechtswidrig.

Was können Sie tun?

Um gegen eine solche rechtswidrige Befristung vorzugehen, können sie Widerspruch einlegen. Dieser entfaltet aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, bis das Widerspruchsverfahren und mögliche weitere Verfahren abgeschlossen sind, ist die Befristung unwirksam.

Ein persönliches Budget bedarf keiner Zielvereinbarung

In der Vergangenheit kam es zu Streitigkeiten, ob Träger einer Reha den Anspruch auf ein persönliches Budget verhindern können, weil sie keine Zielvereinbarung abschließen (L 5 R 3442/11).

Diese Frage hat das Bundessozialgericht jetzt entschieden. Ein persönliches Budget hängt nicht davon ab, ob eine Zielvereinbarung zustande kommt oder vorhanden ist.

Eingliederungshilfe ist keine Sozialhilfe

Das Bundesteilhabegesetz bedeutet einen Systemwechsel. Träger der Eingliederungshilfe sind nicht die Sozialämter, und sie übernehmen auch nicht deren Funktionen. Vielmehr läuft die Eingliederungshilfe über das Sozialgesetzbuch IX – und nicht über das Sozialgesetzbuch XII. Der harte Vermögensbegriff der Sozialhilfe lässt sich also nicht auf die Eingliederungshilfe übertragen.

Die individuellen Bedürfnisse entscheiden

Das Bundessozialgericht klärte, was bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen ist: „Für die abschließenden Ermittlungen zum Eingliederungshilfebedarf im Übrigen gilt ein individueller und personenzentrierter Maßstab: In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche.”

Abgrenzung zur Sozialhilfe

Wesentlich richtet sich dieser Bedarf, der den Anspruch begrenzt, auf die gleichberechtigte Teilhabe. Der Anspruch hat als Messlatte also das, was gesellschaftlich üblich ist, und nicht das Existenzminimum wie bei der Sozialhilfe.

So heißt es im Urteil: „Ziel der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist es, die in seiner Altersgruppe üblichen gesellschaftlichen Kontakte mit Menschen zu ermöglichen und dabei nachvollziehbare soziale Teilhabebedürfnisse zu erfüllen, soweit diese nicht über die Bedürfnisse eines nicht behinderten, nicht sozialhilfebedürftigen Erwachsenen hinausgehen.”

Was bedeutet das für Sie?

Für Sie als Mensch mit Schwerbehinderung bedeutet das: Die Bedarfsermittlung muss Ihre Tielhabeziele beinhalten. Der Rehabilitationsträger muss ermitteln, welche Teilhabeziele sie subjektiv erreichen wollen, als auch mit welchen Leistungen Sie diese Ziele verfolgen wollen. Sie haben also ein Wunsch- und Wahlrecht.

Konkret beschaffte Leistungen müssen Sie nicht nachweisen

Das Bundessozialgericht hat geklärt, dass es sich beim persönlichen Budget ausdrücklich nicht um eine Kostenerstattung handelt. Sie müssen also keine beschafften Leistungen im Einzelfall belegen.

Das Gericht definiert das Budegt also „die Zuweisung eines pauschalen monatlichen Betrags, der keinen Bezug zu konkreten einzelnen Leistungen aufweist und der fehlenden Bindung an das System vereinbarungsgebundener Leistungsanbieter Rechnung trägt.”

Der Unterschied liegt laut den Richtern darin, „dass keine konkret beschafften Leistungen nachgewiesen werden müssen, sondern es im Zeitpunkt vor der Beschaffung zu berechnen und zu bewilligen ist.”