Um einen Grad der Behinderung zu bestimmen, müssen die zuständigen Mediziner die einzelnen Einschränkungen daraufhin untersuchen, ob diese sich gegenseitig verstärken oder nebeneinander stehen.
Einzelgrade der Behinderung lassen sich also nicht einfach addieren. Gerade, wenn Betroffene ebenso körperliche wie psychische Beeinträchtigungen haben, ist es anspruchsvoll, diese im Zusammenhang zu beurteilen.
Dies zeigt ein Fall, den das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschied. Hier gab eine andere Bewertung einer psychosomatischen Störung den Ausschlag, den Gesamtgrad der Behinderung von 40 auf 50 zu heben, und damit ist die Betroffene anerkannt schwerbehindert. (L 13 SB 2/16)
Grad der Behinderung von 40
Das zuständige Versorgungsamt hatte der Betroffenen einen Grad der Behinderung von 40 zuerkannt. Dies beruhte auf Einzelgraden der Behinderung für eine psychosomatische Erkrankung (GdB 30), Bauchfellverwachsungen (GdB 30) und einer Funktionsstörung der Wirbelsäule (GdB 10).
Betroffene fordert Grad der Behinderung von 60
Die Betroffene hielt diesen Gesamtgrad der Behinderung für zu niedrig und klagte vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder), um einen GdB von 60 zu erlangen. Die Richter holten dazu ein Gutachten einer Allgemeinmedizinerin ein. Diese kam zu einem anderen Ergebnis als das Versorgungsamt.
Depressionen, Migräne und Schmerzstörung
Sie bewertete die Schäden an der Wirbelsäule ebenfalls mit einem Grad der Behinderung von zehn. Die durch die Bauchfellverwachsungen entstanden Beschwerden ergaben in ihren Augen ebenfalls einen Einzelgrad der Behinderung von 30.
Doch bei den psychischen, psychosomatischen und neurologischen Leiden schätzte sie den Zustand anderes ein. Sie erkannte rezidivierende mittelgradige depressive Episode, somatoforme Schmerzstörung, Migräne sowie Lese-/Rechtschreibschwäche. Diese Beschwerden bedeuteten, laut ihrem Gutachten einen Einzelgrad der Behinderung von 40 – nicht von 30.
Sozialgericht weist die Klage zurück
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) akzeptierte das Gutachten nicht. Die Richter sagte, die psychischen Störungen seien nur mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30 zu bewerten. Es verbiete sich, den Gesamtgrad der Behinderung höher als 40 zu setzen.
Erfolg vor dem Landessozialgericht
Die Frau legte Berufung vor dem Landessozialgericht ein, und hier hatte sie Erfolg. Die dortigen Richter hielten die Einschätzung der sachverständigen für überzeugend. Eine rezidivierede mittelgrade depressive Episode verbunden mit somatoformen Schmerzen sei grundsätzlich mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30-40 zu bewerten.
In diesem Fall sei ein Einzelgrad von 40 gerechtfertigt. Denn die sozialen Anpassungsschwierigkeiten seien zwar noch nicht mittelgradig ausgeprägt, was allein einen Grad der Behinderung von 50-70 rechtfertige. Sie näherten sich diesem aber teilweise an.
Die psychischen Leiden zeigten deutliche berufliche Auswirkungen, erläuterten die Richter. So sei die Betroffene dauernd unfähig, ihre beamtenrechtlichen Dienstpflichten zu erfüllen. Dies liege an einer mangelnden psychischen Belastbarkeit und erhöhter Ängstlichkeit.
Die Richter erkennen Schwerbehinderung an
Die Richter entscheiden, der Einzelgrad der Behinderung für das psychische Leiden sei auf einen Zehnergrad heraufzusetzen. In Anbetracht der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Behinderungen ergebe sich ein Gesamtgrad von 50.