Kündigung: Wie bleibt eine Abfindung steuerfrei?

Die kurze Antwort gleich vorweg: Eine „steuerfreie“ Abfindung gibt es nach heutiger Rechtslage grundsätzlich nicht mehr. Gesetzliche Steuerbefreiungen, die es früher teilweise gab, sind seit 2006 abgeschafft.

Abfindungen wegen Verlusts des Arbeitsplatzes gelten heute als steuerpflichtiger Arbeitslohn bzw. als außerordentliche Einkünfte und unterliegen der Einkommensteuer. Nur echte Schadensersatzleistungen für nicht steuerbare Schäden – etwa immaterielle Beeinträchtigungen – sind steuerfrei; typische Abfindungen gehören jedoch nicht dazu.

Was das Gesetz vorsieht: die Tarifermäßigung (Fünftelregelung)

Statt einer Steuerfreiheit kennt das Einkommensteuergesetz die sogenannte Tarifermäßigung nach § 34 EStG („Fünftelregelung“). Sie soll die Progressionssprünge abmildern, die entstehen, wenn eine große Einmalzahlung in ein einziges Jahr fällt.

Vereinfacht wird die Abfindung rechnerisch in fünf Teile „geteilt“, auf dieser Basis der persönliche Steuersatz ermittelt und die Steuer danach wieder hochgerechnet.

Das führt – je nach übrigen Einkünften – zu einer spürbaren Entlastung, ersetzt aber keine Steuerfreiheit. Voraussetzung ist, dass es sich um eine echte Entschädigung handelt und die Zahlung „zusammengeballt“ in einem Veranlagungsjahr zufließt; Teilleistungen sind nur in engen Grenzen unschädlich. Diese Grundsätze sind durch Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung gefestigt.

Wichtig seit 2025: Die Anwendung verlagert sich vom Lohnzettel in die Steuererklärung

Bis Ende 2024 konnten Arbeitgeber die Fünftelregelung häufig schon beim Lohnsteuerabzug berücksichtigen. Seit dem 1. Januar 2025 gilt: Die Tarifermäßigung wird grundsätzlich erst im Rahmen Ihrer Einkommensteuerveranlagung durch das Finanzamt gewährt.

Arbeitgeber ziehen bei Auszahlung der Abfindung regulär Lohnsteuer ab; die Erstattung des Steuervorteils folgt dann über Ihre Steuererklärung. Inhaltlich bleibt die Fünftelregelung bestehen, der Prozess ändert sich. Das bedeutet oft nur einen Liquiditätsnachteil im Auszahlungsjahr, aber keinen materiellen Verlust des Anspruchs.

Tabelle: Wie Steuern sparen bei einer Abfindung?

Steuern sparen bei Abfindung
Steuerhebel So setzen Sie es um / Wirkung
Fünftelregelung (§ 34 EStG) Abfindung als außerordentliche Einkünfte behandeln und in einem Jahr „zusammengeballt“ zufließen lassen; mindert die Progressionswirkung und senkt die Einkommensteuer spürbar.
Auszahlungszeitpunkt steuern Abfindung in ein Jahr mit möglichst niedrigen übrigen Einkünften legen (z. B. nach Beschäftigungsende oder Jahreswechsel); verbessert die Entlastung durch die Fünftelregelung.
Zusammenballung sichern Keine oder nur unschädliche Teilzahlungen vereinbaren; die Hauptzahlung sollte in einem Veranlagungsjahr zufließen, damit die Tarifermäßigung greift.
Lohnersatzleistungen vermeiden Arbeitslosengeld und andere Leistungen unter Progressionsvorbehalt möglichst nicht im selben Kalenderjahr beziehen; verhindert eine Erhöhung des Steuersatzes auf die Abfindung.
Basisrente (Rürup) nutzen Im Auszahlungsjahr freiwillig in die Basisrente einzahlen; Beiträge sind bis zu den Höchstbeträgen als Sonderausgaben abziehbar und senken die steuerliche Bemessungsgrundlage.
Ausgleichsbeträge zur Deutschen Rentenversicherung Freiwillige Einzahlungen zum Ausgleich künftiger Rentenabschläge leisten; gelten als Altersvorsorgeaufwendungen und sind steuerlich absetzbar.
Abzugsfähige Ausgaben bündeln Planbare Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen (z. B. größere Spenden, notwendige Krankheitskosten, Unterhalt) möglichst in das Abfindungsjahr legen, um das zu versteuernde Einkommen zu drücken.
Kirchensteuer-Teilerlass beantragen Nach bestandskräftigem Steuerbescheid Erlass für den Teil der Kirchensteuer auf außerordentliche Einkünfte beantragen; häufig wird ein prozentualer Nachlass gewährt.
Steuerklassen- und Veranlagungswahl prüfen Bei Ehe/Lebenspartnerschaft den Splittingtarif und eine günstige Steuerklassenkombination für das Abfindungsjahr prüfen; kann den Durchschnittsteuersatz senken.
Sonstige Einmalzahlungen steuern Prämien, Bonus- oder Tantiemezahlungen möglichst in ein anderes Jahr verschieben, um die Progression im Abfindungsjahr nicht zusätzlich zu erhöhen.
Krankenversicherung im Blick behalten Bei freiwilliger GKV-Mitgliedschaft vorab mit der Kasse klären, ob und in welchem Umfang Beiträge auf die Abfindung anfallen; unnötige Beitragsbelastungen vermeiden.
Frühzeitige Vertragsgestaltung Gestaltungspunkte (Zuflusszeitpunkt, Höhe, Nebenleistungen) rechtzeitig im Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag regeln; nachträgliche Änderungen sind steuerlich oft problematisch.

Die heikle Hürde „Zusammenballung“ – wann der Steuerrabatt greift und wann nicht

Der Kernpunkt für die Tarifermäßigung ist die sogenannte Zusammenballung der Einkünfte: Die Abfindung muss dazu führen, dass Sie im Zuflussjahr insgesamt mehr erhalten, als Sie bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis Jahresende bezogen hätten.

Wird die Abfindung über mehrere Jahre verteilt oder entspricht sie nur dem entgangenen Restgehalt, kann die Zusammenballung fehlen – die Folge wäre die reguläre Besteuerung ohne Fünftelvorteil. Der Bundesfinanzhof hat diese Linie wiederholt bestätigt; das Bundesfinanzministerium präzisiert sie in seinen Anwendungsschreiben.

Geringfügige Nebenleistungen vor oder nach der Hauptzahlung können unschädlich sein, starre Prozentgrenzen gibt es jedoch nicht – maßgeblich bleibt stets der Einzelfall.

Sozialabgaben: meistens kein Thema – mit einer markanten Ausnahme

Klassische Abfindungen sind grundsätzlich nicht beitragspflichtig zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, weil sie keine Vergütung für geleistete Arbeit sind.

Bei der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es allerdings eine wichtige Differenzierung: Pflichtversicherte zahlen in der Regel keine Beiträge auf Abfindungen; freiwillig gesetzlich Versicherte können hingegen – je nach Konstellation – mit Beiträgen belastet werden, da Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen Teile der Abfindung als beitragspflichtige Einnahme werten. Hier variieren Details und Berechnungsmethoden; eine frühzeitige Klärung mit der eigenen Kasse ist ratsam.

Progressionsvorbehalt und Arbeitslosengeld: der oft unterschätzte Effekt

Arbeitslosengeld I ist steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt. Es erhöht damit den Steuersatz, der auf Ihr übriges – einschließlich der begünstigt besteuerten Abfindung – anzuwenden ist. Wer die Abfindung in ein Jahr mit Lohnersatzleistungen legt, kann den Vorteil der Fünftelregelung dadurch teilweise wieder einbüßen. Dieser Mechanismus erklärt, warum ähnliche Abfindungssummen in der Praxis zu sehr unterschiedlichen Steuern führen.

Steuern aktiv senken statt „steuerfrei“: mit Timing und Vorsorge

Weil echte Steuerfreiheit kaum möglich ist, wird die Frage zur Gestaltungsaufgabe: Wie lässt sich die steuerliche Belastung seriös und rechtssicher minimieren?

Ein Hebel ist das Timing. Fällt die Abfindung in ein Jahr mit besonders niedrigen übrigen Einkünften – etwa nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne neue Anstellung im selben Jahr – erhöht sich die Wirkung der Fünftelregelung. Umgekehrt schwächt ein hohes Parallelgehalt, aber auch Lohnersatz unter Progressionsvorbehalt, die Entlastung. Die Wahl des Auszahlungszeitpunkts im Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag ist deshalb nicht bloß Formalie, sondern oft der wichtigste Gestaltungsfaktor.

Daneben bieten sich legale, planbare Abzüge an. Klassisch ist die Nutzung der vollständig abzugsfähigen Beiträge zur sogenannten Basis- oder Rürup-Rente.

Die Höchstbeträge sind 2025 angehoben; Einzahlungen bis zu rund 29.344 Euro für Alleinstehende bzw. 58.688 Euro bei Zusammenveranlagung mindern das zu versteuernde Einkommen – und damit auch die Steuerlast auf die Abfindung. Wer ohnehin eine Versorgungslücke schließen möchte, verbindet damit Steuerentlastung und Altersvorsorge.

Sehr wirksam kann auch eine Sonderzahlung an die Deutsche Rentenversicherung sein, um Rentenabschläge bei vorgezogener Rente auszugleichen. Solche Ausgleichsbeträge gelten als Altersvorsorgeaufwendungen und sind – im Rahmen der geltenden Höchstbeträge – als Sonderausgaben abzugsfähig.

Beteiligt sich der Arbeitgeber an solchen Beiträgen, sind nach derzeitigem Recht 50 Prozent des Arbeitgeberanteils sogar steuer- und sozialversicherungsfrei.

Kirchensteuer nicht vergessen – oft ist ein Teilerlass möglich

Auf Abfindungen fällt grundsätzlich auch Kirchensteuer an. Viele evangelische Landeskirchen und katholische (Erz-)Bistümer gewähren auf Antrag einen Teilerlass – häufig bis zu 50 Prozent – bezogen auf den Teil der Kirchensteuer, der auf die außerordentlichen Einkünfte entfällt.

Der Antrag wird regelmäßig erst nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids gestellt und richtet sich an die jeweilige Kirchensteuerstelle. Es besteht kein Rechtsanspruch, die Praxis ist aber verbreitet und in offiziellen Informationsangeboten beschrieben.

Wann Zahlungen wirklich steuerfrei sein können – die seltenen Ausnahmefälle

Steuerfrei sind nicht „Abfindungen“, sondern Zahlungen, die keinen steuerbaren Einkünften zuzuordnen sind, etwa reiner Schadensersatz für immaterielle Schäden (Schmerzensgeld) oder für Einbußen außerhalb der Erwerbssphäre.

In arbeitsrechtlichen Vergleichen sind solche Beträge ausdrücklich zu qualifizieren und plausibel zu begründen; sie dürfen nicht bloß der Umdeklaration eines Entgelts dienen. In der Praxis betreffen derartige Steuerbefreiungen seltene Sonderkonstellationen – die typische Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes bleibt davon unberührt.

Fazit: „Steuerfrei“ ist die Ausnahme – die richtige Gestaltung zahlt sich trotzdem aus

Wer nach „steuerfreier Abfindung“ sucht, wird zwangsläufig enttäuscht. Das heutige System setzt auf Milderung, nicht auf Befreiung. Der Schlüssel liegt daher in der Planung: ein sauberer Nachweis des Entschädigungscharakters, die Zusammenballung im richtigen Jahr, der bewusste Umgang mit Lohnersatzleistungen, gezielte Sonderausgaben für Altersvorsorge und – wo einschlägig – ein Antrag auf Teilerlass der Kirchensteuer. So lässt sich aus der unvermeidlich steuerpflichtigen Abfindung das Maximum an Netto herausholen – rechtssicher, transparent und ohne riskante Konstruktionen.