Können schwerbehinderte Menschen im Eilverfahren ihren Anspruch auf Erhöhung des Grades der Behinderung durchsetzen?
Schwerbehinderte Menschen haben oft mit langwierigen und komplizierten Verfahren bei den Sozialgerichten zu kämpfen, wenn es um die Anerkennung oder Erhöhung des Grades der Behinderung (GdB) und die Erteilung von Merkzeichen geht.
Die Frage, ob solche Ansprüche im einstweiligen Rechtsschutz, also in einem gerichtlichen Eilverfahren, durchgesetzt werden können, wurde in einem Fall vor dem Landessozialgericht (LSG) München geprüft und abschließend entschieden.
Welche Ansprüche sind Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzes?
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes können bestimmte dringliche Ansprüche vorläufig geregelt werden. Diese Art von Verfahren wird eingesetzt, um vorübergehende Lösungen zu schaffen, bis eine endgültige gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache getroffen wird.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Erhöhung des GdB oder die Zuerkennung von Merkzeichen unter diese Regelung fallen können.
Der Fall eines schwerbehinderten Mannes, der einen höheren GdB und ein Merkzeichen im Eilverfahren beantragte, zeigt die Grenzen dieses rechtlichen Instruments auf.
Der Fall: Antrag auf Erhöhung des GdB und Merkzeichen im Eilverfahren
Ein schwerbehinderter Mann mit einem anerkannten GdB von 80 strebte an, seinen GdB auf 100 erhöhen zu lassen und das Merkzeichen G zu erhalten, um unter anderem einen zuzahlungsfreien Parkausweis zu erhalten.
Nachdem sein Antrag beim Versorgungsamt abgelehnt worden war, stellte er beim Sozialgericht Regensburg und anschließend beim LSG München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz.
Die Entscheidung des Landessozialgerichts München
Das LSG München wies den Antrag des Mannes zurück. Es betonte, dass die begehrten Feststellungen im einstweiligen Rechtsschutz nicht geregelt werden könnten, da diese Verfahren für vorübergehende Regelungen vorgesehen seien.
Selbst wenn eine solche Regelung möglich wäre, sah das Gericht in diesem Fall keine Dringlichkeit.
Der Kläger konnte nicht glaubhaft machen, dass das Abwarten auf eine Entscheidung im regulären Verfahren eine unzumutbare Härte darstellen würde. Das Gericht führte aus, dass Eilbedürftigkeit nur in eng begrenzten Ausnahmefällen vorliege, die hier nicht gegeben seien.
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Warum scheitern Anträge auf Merkzeichen im einstweiligen Rechtsschutz?
Die Entscheidung des LSG München verdeutlicht, dass die Anerkennung eines höheren GdB oder eines Merkzeichens im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich problematisch ist.
Ein wesentliches Merkmal des einstweiligen Rechtsschutzes ist die vorläufige Regelung eines Zustandes bis zur Entscheidung in der Hauptsache. Eine endgültige Entscheidung über den GdB oder ein Merkzeichen würde jedoch den Zweck des Eilverfahrens überschreiten, da dies bereits eine abschließende Lösung darstellen würde.
Welche Alternativen haben schwerbehinderte Menschen?
Für schwerbehinderte Menschen, die auf eine schnelle Entscheidung angewiesen sind, kann das langwierige Verfahren vor den Sozialgerichten eine große Belastung darstellen.
Der Weg über den regulären Rechtsweg ist jedoch unumgänglich, wenn es um die Erhöhung des GdB oder die Zuerkennung von Merkzeichen geht.
Betroffene sollten sich darauf einstellen, dass diese Verfahren Zeit in Anspruch nehmen und eine Geduld gefordert ist, die durch den einstweiligen Rechtsschutz nicht verkürzt werden kann.
Fazit: Geduld ist also gefragt
Der Fall vor dem LSG München zeigt, dass schwerbehinderte Menschen ihren Anspruch auf Erhöhung des Grades der Behinderung oder auf Erteilung eines Merkzeichens nicht im einstweiligen Rechtsschutz durchsetzen können.
Auch wenn die Möglichkeit eines Eilrechtsschutzes verlockend erscheint, bleibt für Betroffene nur der reguläre Rechtsweg.
Das Urteil des LSG München zeigte, dass die Feststellung eines höheren GdB und die Zuerkennung von Merkzeichen in der Hauptsache entschieden werden müssen und im Eilverfahren keine Aussicht auf Erfolg haben. (Az: L 15 SB 97/16 B ER)
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.