Jobcenter: Bürgergeld-Sanktion rechtswidrig, wenn mit der Urlaubsabgeltung Schulden getilgt wurden – Urteil

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Das Jobcenter kürzte hier den Regelbedarf um 30% des Leistungsempfängers wegen einer vom Arbeitgeber erhaltenen Urlaubsabgeltung in Höhe von 5000, 00 Euro, mit welcher die Klägerin private Schulden tilgte.

Das Jobcenter sah darin eine Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 2 Z. 1 SGB II, weil Einkommen oder Vermögen in der Absicht gemindert wurde, die Gewährung bzw. Erhöhung von ALG II herbei zuführen

Diese Auffassung teilte das Gericht nicht – SG Magdeburg, Urteil vom 27. Januar 2021 – S 16 AS 1814/17 –

1. Sanktion nach § 31 Abs. 2 Zif. 1 SGB II ist rechtswidrig bei Tilgung von Schulden, wenn das primäre Ziel der Geldausgabe die Tilgung der Schulden war.

2. Tilgt ein Leistungsempfänger nach dem SGB II mit einer im Leistungsbezug erhaltenen Abfindung in Höhe von 5000,00 € seines ehemaligen Arbeitgebers private Schulden, rechtfertigt dies keine Sanktion nach § 31 Abs. 2 Zif. 1 SGB II ( Orientierungssatz Detlef Brock )

Zielgerichtetes Wollen des Leistungsempfängers fehlte

Denn die vorgenannte Norm setzt das zielgerichtete Wollen voraus, die Vermögensminderung zum Zwecke der Leistungserzielung herbeizuführen, woran es vorliegend fehlt.

Vermögensverminderung reicht nicht aus

Eine Vermögensverminderung, die nur beiläufig dazu führt, dass der Leistungsberechtigte Leistungen früher oder höher erhält, reicht dagegen nicht aus.

§ 34 SGB II Schadensersatzanspruch

Das Gericht betonte, dass das Jobcenter die Möglichkeit hätte, Schadensersatz nach § 34 SGB II beim Antragsteller geltend zu machen.

Anmerkung Sozialrechtsexperte Detlef Brock

Hier hatte der Rechtsanwalt richtig gute Arbeit geleistet, um die Sanktion vor Gericht für rechtswidrig erklären zu lassen.

Hinweis – Wissenswertes – Was gibt es zu beachten: Ein absichtliches Herbeiführen muss gegeben sein

Bei der Sanktionsvorschrift des § 31 Abs. 2 Zif. 1 SGB II muss des dem Leistungsempfänger gerade bei seiner Handlung darauf ankommen, den Erfolg der Leistungsbewilligung herbeizuführen.

Eine bloße Vermögensverminderung, die nur beiläufig dazu führt, dass der Leistungsbeziehende sein ALG II höher oder früher erhält, reicht dagegen nicht aus.

Primäres Ziel der Geldausgabe war die Schuldentilgung

Das reicht nach Auffassung des Gerichts aus, um die Absicht entfallen zu lassen.