Schwerbehinderte Kinder haben Anspruch auf Fahrkosten zum integrativen Kindergarten

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Eingliederungshilfe: Der Sozialhilfeträger muss für ein schwerbehindertes Vorschulkind die Fahrkosten zum integrativen Kindergarten übernehmen. So entschieden vom BSG, Urteil v. 27.02.2020 – B 8 SO 18/18 R –

Aus dem Urteil

1. Sozialhilfeträger muss für ein an Autismus-Spektrum-Störung leidendes Kind Fahrkosten für den Besuch eines integrativen Kindergartens übernehmen.

2. Wenn bei der Durchführung einer Eingliederungshilfemaßnahme notwendigerweise Fahrtkosten entstehen, sind diese, als notwendiger Bestandteil vom Sozialhilfeträger zu übernehmen ( Orientierungssatz Detlef Brock ).

3. Dem steht nicht entgegen, dass die Fahrkostenübernahme nicht explizit im Gesetz genannt wird, wenn ihre Übernahme unerlässlich ist, um die Ziele der Eingliederungshilfe durch die Ermöglichung einer spezifischen Maßnahme zu erfüllen.

Begründung:

Sind im Zuge der Durchführung einer solchen Eingliederungshilfemaßnahme notwendigerweise Fahrkosten entstanden, dann sind diese Aufwendungen als deren notwendiger Bestandteil vom Sozialhilfeträger zu übernehmen, sofern dies unerlässlich ist, um die Ziele der Eingliederungshilfe durch die Ermöglichung einer speziellen Maßnahme zu erfüllen.

Das schwerbehinderte Kind konnte den über 12 km langen Weg zum Kindergarten und zurück nicht alleine und zu Fuß bewältigen.

Verweis des Besuchs eines fußläufig gelegenen Kindergartens zur Erfüllung der Eingliederungsziele von heilpädagogischen Maßnahmen vom LSG

Das BSG folgt dieser Auffassung nicht, denn die heilpädagogische Maßnahme wurde ausdrücklich für den integrativen Kindergarten bewilligt. Insoweit ist diese Entscheidung auch bindend.

Es konnte vom BSG konnte nicht abschließend geprüft werden, inwieweit dem Kind die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs möglich gewesen wäre, da es hierzu an Feststellungen der Vorinstanz fehlte.

Zudem fehlten Feststellungen zur Höhe der tatsächlich entstandenen und damit erstattungsfähigen Fahrtkosten, weshalb das BSG die Sache an das Landessozialgericht zurückverwies.

Anmerkung Detlef Brock

Wenn die Entstehung von Fahrtkosten abzusehen ist – (Quelle: Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS) 2020, S. 863)

Zitat

„Für die Praxis ist festzuhalten, dass Fahrtkosten als Bestandteil einer Eingliederungsmaßnahme vom Sozialhilfeträger zu übernehmen sind, wenn der Betroffene die fragliche Wegstrecke nicht zu Fuß zurücklegen kann. Die Übernahme der Fahrtkosten zur Ermöglichung der spezifischen Maßnahme ist dann unerlässlich.

Ist bei der Bewilligung einer spezifischen Maßnahme bereits die notwendige Entstehung von Fahrtkosten absehbar, stellt sich die Frage, wie weit die Beratungspflicht des Eingliederungshilfeträgers greift und von diesem bereits bei der Antragstellung auf einen naheliegenden Anspruch auf Fahrtkostenübernahme hinzuweisen ist. „