Schulbesuch der Kinder führt zu Hartz-IV-Anspruch der Eltern

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EU-Ausländer haben in Deutschland Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen, wenn ihre Kinder hier zur Schule gehen. Aus dem Schulbesuch leitet sich ein eigenständiger Anspruch ab, so dass der gesetzliche Leistungsausschluss für Arbeitssuchende nicht greift, urteilte am Dienstag, 6. Oktober 2020, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-181/19). Damit erleichterte er insgesamt Familien in der EU den Umzug in ein anderes Land aus beruflichen Gründen.

Im konkreten Fall können danach ein Pole und seine beiden Töchter Hartz IV beanspruchen. Sie waren 2013 nach Deutschland gekommen, und die Töchter gehen in Deutschland zur Schule. Der Vater hatte verschiedene sozialversicherungspflichtige Stellen angenommen, war dann aber immer wieder arbeitslos. Bis Juni 2017 erhielt die Familie Grundsicherungsleistungen. Das Jobcenter Krefeld lehnte einen Verlängerungsantrag dann aber ab. Es stützte sich auf eine gesetzliche Ausschlussklausel für EU-Ausländer, die sich zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten.

Auf die Klage des Vaters meinte das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen, der Leistungsausschluss greife hier nicht. Denn er nehme auch die Sorge für seine schulpflichtigen Kinder wahr. Nach EU-Recht leite sich daraus ein eigenständiger Leistungsanspruch ab. Zur Klärung legte das LSG den Streit dem EuGH vor.

Der ist den Argumenten des LSG nun gefolgt. Zwar suche der Pole auch Arbeit in Deutschland. Ein diesbezüglicher Leistungsausschluss dürfe aber nicht immer automatisch gelten.

Hier sei der Mann früher als Wanderarbeitnehmer in Deutschland beschäftigt gewesen. Gleichzeitig habe er sich um seine Töchter gekümmert, die hier zur Schule gehen. Aus der Sorge für die schulpflichtigen Kinder erwachse ein eigenständiges Aufenthaltsrecht, das auch bei Arbeitslosigkeit fortwirke. Daraus ergebe sich ein gleichberechtigter Zugang zu Sozialleistungen in Deutschland. Der vom Jobcenter Krefeld vertretene automatische Leistungsausschluss sei damit nicht vereinbar.

In seiner Begründung betonte der EuGH auch, dass diese Auslegung den Freizügigkeitsgedanken für Arbeitnehmer in der EU stärkt. Denn sie verhindere, dass eine Familie, die aus beruflichen Gründen in ein anderes EU-Land umzieht, „dem Risiko ausgesetzt ist, bei Verlust ihrer Beschäftigung den Schulbesuch ihrer Kinder unterbrechen und in ihr Herkunftsland zurückkehren zu müssen”. Um ihren Lebensunterhalt zu sichern, könnten diese Familien dann die Sozialleistungen ihres Gastlandes in Anspruch nehmen. mwo/fle