Rente: Nachträgliche Rentenkürzung unzulässig – Gericht stoppt DRV

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Wer seine Altersrente kurz vor Rentenbeginn per Hochrechnung festsetzen lässt, will Planungssicherheit und keinen Steuerungswechsel im Nachhinein. Genau hier setzt ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen an:

Mit der Entscheidung (Az. L 1 R 61/19) hat der 1. Senat einer nachträglichen Neuberechnung einen Riegel vorgeschoben, wenn die Rentenversicherung nachträglich die im Hochrechnungszeitraum tatsächlich erzielten Entgelte heranziehen will.

Der Fall in Kürze

Ein 1953 geborener Arbeitnehmer beantragte die Altersrente für besonders langjährig Versicherte und stimmte der Hochrechnung gemäß § 70 Abs. 4 SGB VI in Verbindung mit § 194 Abs. 1 SGB VI zu. Der Arbeitgeber korrigierte später Lohnmeldungen, wodurch die Rentenversicherung die ursprüngliche Festsetzung rückte und nun tatsächliche Entgelte der Monate im Hochrechnungsfenster heranzog.

Das führte zu weniger Entgeltpunkten und damit zu einer geringeren Rente. Der Betroffene wehrte sich, das Sozialgericht gab ihm recht, und die Rentenversicherung legte Berufung ein. Das Landessozialgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil und wies die Berufung zurück.

Der rechtliche Kern

Die Hochrechnung ist ein eigenständiges, gesetzlich vorgesehenes Verfahren, das anstelle einer vollständigen Ermittlung der Ist-Entgelte im Übergangszeitraum tritt. § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI ordnet an, dass abweichende tatsächliche Entgelte, die später für den hochgerechneten Zeitraum gemeldet werden, für diese Rente außer Betracht bleiben.

Das Gericht stellt klar, dass die Rentenversicherung nicht nachträglich die Methode wechseln darf, indem sie statt der im Bescheid verwendeten Hochrechnung die später bekannten Ist-Werte des Hochrechnungszeitraums zur Grundlage macht.

Eine Korrektur ist nur dort zulässig, wo die Basis der Hochrechnung fehlerhaft war, etwa wenn in den zwölf Monaten, aus denen die Hochrechnung gespeist wird, ein Ausgangswert objektiv falsch gemeldet wurde.

Was die Rentenversicherung korrigieren darf – und was nicht

Fehler in der Beitragsbemessungsgrundlage, aus der die Hochrechnung berechnet wurde, dürfen berichtigt werden, wenn sich die ursprüngliche Meldung als unrichtig erweist. Das Urteil zieht die Grenze aber dort, wo die Korrektur in eine vollständige Umstellung des Berechnungsverfahrens umschlägt.

Die später im Hochrechnungszeitraum tatsächlich erzielten Entgelte bleiben für die bereits festgesetzte Altersrente unbeachtlich. Die Behörde darf also nicht die Hochrechnung nachträglich durch eine Ist-Berechnung ersetzen, nur weil später abweichende Werte vorliegen.

Warum das für Rentnerinnen und Rentner wichtig ist

Die Entscheidung stärkt die Verlässlichkeit von Rentenbescheiden, die auf einer Hochrechnung beruhen. Wer rechtzeitig die gesonderte Meldung nach § 194 SGB VI veranlasst und der Hochrechnung zugestimmt hat, muss nicht befürchten, dass später gemeldete Minderverdienste im Hochrechnungsfenster die Rente rückwirkend schmälern.

Das wirkt unmittelbar auf die Entgeltpunkte und damit auf den monatlichen Zahlbetrag, der für viele Haushalte die zentrale Planungsgröße ist. Zugleich schützt die Entscheidung vor kleinteiligen Nachkorrekturen, die den Verwaltungsaufwand erhöhen würden, ohne dass dies der gesetzlich gewollten Vereinfachung im Übergang zur Rente entspricht.

Grenzen der Entscheidung und offener Punkt

Das Gericht betont, dass eine Berichtigung der Ausgangsdaten der Hochrechnung zulässig bleibt, sofern diese im Zwölf-Monats-Zeitraum vor Rentenbeginn fehlerhaft waren. Für den Streitfall ist außerdem bedeutsam, dass die Revision zugelassen wurde, weil die Frage grundsätzliche Bedeutung hat.

Damit ist die höchstrichterliche Klärung angelegt, ob und in welchem Umfang bei fehlerhafter Ausgangsbasis eine Rücknahme nach § 45 SGB X zulässig ist, ohne die Hochrechnungsmethodik im Ergebnis auszuhebeln.