Private Unfallrente mindert nicht Entschädigung für Gewaltopfer

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LSG Chemnitz: Gesetz sieht keine Anrechnung vor

Eine private Unfallversicherungsrente darf bei Gewaltopfern nicht auf Leistungen der Beschädigtenversorgung mindernd angerechnet werden. Auch wenn gesetzliche Unfallrenten bei der Beschädigtenversorgung berücksichtigt werden, hat dies der Gesetzgeber für private Unfallversicherungsleistungen nicht vorgesehen, entschied das Sächsische Landessozialgericht (LSG) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 9. Dezember 2019 (Az.: L 9 VE 7/17). Die Chemnitzer Richter stellten sich damit gegen ein Rundschreiben des Bundessozialministeriums. Sie ließen die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.

Geklagt hatte eine 59-jährige Frau, die am Neujahrsmorgen des Jahres 2010 von einem unbekannten Mann angegriffen wurde. Sie stürzte dabei mit dem Hinterkopf auf die Straße und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Seitdem leidet sie an Gedächtnisstörungen und einem Verlust des Riechsystems. Seit Mai 2012 kann sie nur noch fünf Stunden täglich in ihrem Beruf arbeiten. Damit sind Einkommenseinbußen von rund 1.000 Euro monatlich verbunden.

Wegen der erlittenen Verletzungen und ihrer besonderen beruflichen Betroffenheit wurde bei ihr ein Grad der Schädigung von 50 festgestellt. Ab Juli 2012 erhielt sie eine Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz in Höhe von 708 Euro monatlich. Darin waren eine Grundrente und ein sogenannter Berufsschadensausgleich enthalten.

Wegen einer privaten Unfallrente in Höhe von rund 590 Euro monatlich verringerte sich jedoch die Beschädigtenversorgung auf 469 Euro monatlich. Die private Unfallrente diene dazu, den Lebensunterhalt zu sichern, so die zuständige Behörde. Solch ein „Bruttoeinkommen” sei mindernd auf den Berufsschadensausgleich zu anzurechnen.

Dem folgte das LSG jedoch nicht; es sprach der Frau eine höhere Beschädigtenversorgung zu. Zwar vermehre die private Unfallrente das derzeitige „Bruttoeinkommen” der Klägerin. Zusätzliche Einkünfte seien auch grundsätzlich geeignet, den Berufsschadensausgleich zu mindern. Der Gesetzgeber habe aber genau aufgezählt, welches „Bruttoeinkommen” mindernd berücksichtigt werden müsse. Dazu gehörten etwa gesetzliche Renten und gesetzliche Unfallversicherungsrenten oder andere Zahlungen, die unmittelbar mit der Erwerbstätigkeit verbunden sind.

Eine private Unfallrente sei hier aber nicht aufgeführt. Ihr fehle auch ein entsprechender Bezug zur Erwerbstätigkeit. So seien die privaten Unfallversicherungsbeiträge aus eigener Tasche und ohne Beteiligung eines Arbeitgebers gezahlt worden. Zwar gebe es ein Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die privaten Unfallrenten als “Brutteinkommen” bei der Beschädigtenversorgung mindernd zu berücksichtigen. An solche behördlichen Meinungsäußerungen seien die Gerichte aber nicht gebunden, so das LSG. fle/mwo/fle