Pflegegeld 2 rückwirkend: Gericht stoppt Blanko-Auszahlungen

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Wer Pflegegeld ab Pflegegrad 2 rückwirkend beansprucht, muss den erforderlichen Hilfebedarf für jeden streitigen Monat belegen. Ohne belastbare Begutachtung oder gleichwertige Nachweise scheitert der Anspruch.

Der Entlastungsbetrag wird nur erstattet, wenn anerkennungsfähige Ausgaben belegt sind. Das zeigt ein aktuelles Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24. März 2025 (Az.: L 4 P 36/22).

Ausgangsfall: Private Pflegepflichtversicherung, lange Rückwirkung, zwei Streitpunkte

Eine privat Pflegepflichtversicherte verlangte Pflegegeld ab Pflegegrad 2 rückwirkend ab 30. Dezember 2017 bis 31. Juli 2020. Sie forderte zusätzlich die Auszahlung des Entlastungsbetrags für einen Teilzeitraum 2018. Das Sozialgericht wies die Klagen ab.

Das Landessozialgericht bestätigte diese Entscheidung. Entscheidend war der fehlende Nachweis eines Punktwerts, der Pflegegrad 2 erreicht. Ebenso fehlten Rechnungen für den Entlastungsbetrag.

Pflegegrad 2: Maßstab sind 27 gewichtete Punkte

Pflegegrad 2 erfordert mindestens 27 gewichtete Punkte nach Anlage 2 zu § 15 SGB XI. Maßgeblich sind die sechs Module der Begutachtung. Dazu zählen Mobilität, kognitive Fähigkeiten, Verhaltensweisen, Selbstversorgung, krankheitsbedingte Anforderungen sowie Alltagsgestaltung.

Das LSG stellte nach Aktenlage lediglich einen deutlich geringeren Wert fest. Damit fehlte die Anspruchsgrundlage für Pflegegeld in den rückwirkend beanspruchten Monaten.

Rückwirkende Zeiträume: Ohne Beweis kein Geld

Rückwirkende Ansprüche in der privaten Pflegepflichtversicherung setzen Antragsstellung und erfüllte Voraussetzungen voraus. Wer rückwirkend Leistungen will, muss die Punktwerte im jeweiligen Zeitraum glaubhaft belegen.

Eine nicht durchgeführte oder nicht verwertbare Begutachtung trägt das Risiko nicht auf die Versicherung. Das Gericht sah die Klägerseite in der Nachweispflicht. Die Belege reichten nicht aus.

Entlastungsbetrag: Erstattung nur bei nachgewiesenen Aufwendungen

Der Entlastungsbetrag ist zweckgebunden. Er wird erstattet, wenn anerkannte Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden und Belege vorliegen. Eine „Auszahlung ins Blaue“ lehnten die Gerichte ab. Das LSG blieb dabei. Ohne Rechnungen keine Erstattung, auch nicht für übertragene Beträge. Das gilt in der sozialen wie in der privaten Pflegeversicherung.

Aktueller Stand 2025: 131 Euro pro Monat statt 125 Euro

Seit 1. Januar 2025 beträgt der Entlastungsbetrag 131 Euro monatlich. Davor lag er bei 125 Euro. Die Erhöhung ändert nichts am Grundprinzip: Anspruch besteht nur auf Erstattung nachweisbarer, anerkennungsfähiger Leistungen. Das ist für neue Fälle relevant, in alten Streitzeiträumen gelten die damaligen Beträge.

Beschwerdewert: Wann die Berufung zulässig ist

Die Berufung war in diesem Fall zulässig. Das LSG stützte dies auf zwei Punkte: Es ging um laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (Pflegegeld) und um ein Geldleistungsbegehren oberhalb von 750 Euro (Entlastungsbetrag). Damit greift die Ausnahme vom Zulassungserfordernis nach § 144 SGG. Das bestätigt die Linie der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Bedeutung für die Praxis: So sichern Sie Ansprüche ab

Betroffene sollten frühzeitig eine belastbare Begutachtung sicherstellen. Wichtig sind widerspruchsfreie Dokumentationen aus dem streitigen Zeitraum. Dazu zählen Pflegetagebücher, Arztberichte und Rechnungen anerkannter Anbieter.

Für den Entlastungsbetrag kommen nur zweckgebundene Leistungen in Betracht. Anerkannt sind etwa Angebote zur Unterstützung im Alltag, Leistungen der Tages- oder Kurzzeitpflege und bestimmte ambulante Hilfen. Ohne Belege entsteht kein Zahlungsanspruch.

Gesetzliche Grundlagen im Überblick

Pflegegeld regelt § 37 SGB XI. Die Bewertung der Pflegegrade erfolgt nach § 15 SGB XI und seiner Anlage 2. Der Entlastungsbetrag ist in § 45b SGB XI angelegt und konkretisiert. Für die Berufung und den Beschwerdewert ist § 144 SGG maßgeblich. Diese Normen gelten gleichermaßen als Bezugsrahmen, auch wenn im Einzelfall private Versicherungsbedingungen hinzutreten.