Bürgergeld: Gericht kippt Hoffnung – Wann das Jobcenter Ausgaben streicht

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Das LSG Berlin-Brandenburg bestätigt grundsätzliche Regeln für Selbstständige im Bürgergeld. Maßgeblich bleibt die Einkommensberechnung nach der ALG-II-Verordnung mit Durchschnitt über den Bewilligungszeitraum.

Teure Anschaffungen kurz vor Periodenende gelten nur bei schlüssiger Notwendigkeit. Umsatzsteuer mindert das Einkommen nur bei nachweislicher Zahlung im Zeitraum. (Az.: L 4 AS 1180/23)

Durchschnitt statt Monat: Maßstab für die Endabrechnung

Das Gericht stellt klar: Auch für frühere SGB-II-Zeiträume gilt zuerst § 3 ALG-II-Verordnung. § 41a SGB II a. F. ändert daran nichts. Jobcenter dürfen das Einkommen Selbstständiger über den Bewilligungszeitraum mitteln. Das entlastet Monate mit Verlusten, relativiert aber hohe Einzelzuflüsse. Die Entscheidung ordnet sich in die Linie des BSG zur Durchschnittsbildung ein.

Ausnahme bleibt selten: Wann das Monatsprinzip greift

Die Durchschnittsbildung entfällt nur in engen Ausnahmefällen. Maßgeblich ist § 41a Abs. 4 Satz 2 SGB II a. F. Das BSG verlangt, dass das gebildete Durchschnittseinkommen den Anspruch mindestens in einem Monat entfallen ließe. Das betrifft wenige Konstellationen. In der Praxis bleibt die Durchschnittsrechnung die Regel.

Teure Anschaffungen: „Notwendigkeit“ muss überzeugen

Im Streitfall ging es um eine kostspielige Kreativ-Hardware. Die Klägerin kaufte ein Grafikgerät und gab es kurze Zeit später zurück. Das LSG erkannte die Ausgabe nicht als notwendig an. Begründung: Die Arbeit war auch ohne das Gerät möglich. Zudem spricht eine schnelle Rückgabe gegen die zwingende Erforderlichkeit.

Das Risiko geplanter Gewinnverschiebung wollte das Gericht nicht belohnen. Für Betroffene heißt das: Große Investitionen müssen fachlich und zeitlich schlüssig sein.

Umsatzsteuer nur bei tatsächlicher Zahlung

Die Entscheidung bestätigt einen bekannten Grundsatz. Umsatzsteuer senkt das Einkommen nur, wenn sie im Bewilligungszeitraum wirklich abgeflossen ist. Kontoauszüge oder Bescheide müssen das belegen. Fehlt der Nachweis, bleibt die Position unberücksichtigt. Das kann die Endabrechnung spürbar erhöhen.

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Offene Baustelle: Rückabwicklung im Folgezeitraum

Eine Frage lässt das LSG ausdrücklich offen. Wie wird verfahren, wenn eine zunächst als notwendig anerkannte Ausgabe im Folgezeitraum rückabgewickelt wird? Hier fehlt eine klare Linie. Für die Beratungspraxis bleibt das ein neuralgischer Punkt. Betroffene sollten Rückabwicklungen lückenlos dokumentieren.

Warum das Urteil jetzt wichtig ist

Die Endabrechnung trifft viele Selbstständige erst Monate später. Dann prallen Belege, EKS-Angaben und schwankende Umsätze aufeinander. Das Urteil stärkt die Berechenbarkeit. Es bestätigt die Durchschnittsbildung und präzisiert Hürden für Ausgaben. Damit steigt die Planungssicherheit bei laufenden Aufträgen. Gleichzeitig verschärft sich die Belegpflicht für große Käufe.

So argumentieren Sie gegenüber dem Jobcenter

Wenn Sie hohe Investitionen ansetzen, liefern Sie konkrete Nachweise. Erklären Sie, warum die Anschaffung den Auftrag erst ermöglicht. Legen Sie technische Gründe dar. Fügen Sie Auftragsunterlagen bei. Weisen Sie auf die zeitliche Nähe von Zahlung, Nutzung und Erlösen hin. Bei Umsatzsteuer gilt: Zahlungsnachweis beilegen, sonst zählt die Position nicht.

Bewilligungszeitraum verstehen und nutzen

Selbstständige erleben schwankende Einnahmen. Die Durchschnittsbildung glättet Spitzen und Durchhänger. Achten Sie auf den festgelegten Bewilligungszeitraum. Größere Aufwände sollten innerhalb dieses Rahmens entstehen. So entfalten sie die gewünschte einkommensmindernde Wirkung. Bei Verzögerungen drohen Lücken in der Anrechnung.

Wer jetzt handeln sollte

Haben Sie die EKS für ältere Zeiträume offen? Prüfen Sie hohe Anschaffungen und deren Nachweise. Kontrollieren Sie, ob Umsatzsteuer im richtigen Monat bezahlt wurde. Stimmen die gebuchten Personalkosten mit den Überweisungen überein? Stimmen Anschaffungs- und Rückgabezeitpunkt? Denken Sie daran: Das Jobcenter rechnet am Ende quer über den Zeitraum.

Was Sie im Zweifel tun können

Sammeln Sie früh alle Belege. Halten Sie Anschaffungsgründe schriftlich fest. Klären Sie größere Investitionen vorab. Bitten Sie um eine fachliche Einschätzung. Kommt es zum Streit, verweisen Sie auf die Durchschnittsbildung. Prüfen Sie zudem, ob eine Ausnahme überhaupt greift. So steigern Sie Ihre Chancen auf eine faire Endabrechnung.