Elf Nachteile mit Krankengeld – und was Du dagegen tun kannst

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Wer länger krank ist, soll mit dem Krankengeld abgesichert sein. Dennoch bringt der Bezug spürbare Nachteile und Fallstricke mit sich – von Einkommenseinbußen über strenge Fristen bis hin zu steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Effekten.

1. Deutlich weniger als im Job – und eine harte Obergrenze

Nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ersetzt Krankengeld das Gehalt nur teilweise. Gesetzlich vorgesehen sind grundsätzlich 70 Prozent des Bruttogehalts, jedoch höchstens 90 Prozent des Nettoverdienstes.

Außerdem gilt ein Höchstbetrag, der 2025 bei 128,63 Euro pro Kalendertag liegt – gerade Besserverdienende spüren durch diese Kappung spürbare Einbußen. Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld fließen in die Berechnung zwar ein, ändern aber nichts an der Deckelung.

2. Abzüge für Sozialversicherungen – das Krankengeld schrumpft weiter

Wer vor der Krankheit renten-, arbeitslosen- oder pflegeversicherungspflichtig war, zahlt diese Beiträge grundsätzlich auch während des Krankengeldbezugs weiter.

Die Krankenkasse behält den Versichertenanteil vom Krankengeld ein und führt ihn ab; für Kinderlose fällt zudem der Pflegeversicherungszuschlag an. Das mindert die tatsächlich ankommende Auszahlung zusätzlich.

3. Steuerlich nicht „gratis“: Progressionsvorbehalt und Erklärungspflicht

Zwar ist Krankengeld einkommensteuerfrei, erhöht aber über den Progressionsvorbehalt den persönlichen Steuersatz auf übrige Einkünfte.

Wer im Kalenderjahr mehr als 410 Euro an solchen Lohnersatzleistungen bezieht, muss eine Einkommensteuererklärung abgeben – mit der Folge, dass Nachzahlungen möglich sind. Rechtsgrundlage ist § 32b EStG; Finanzbehörden und Ratgeber warnen regelmäßig vor entsprechenden Effekten.

4. Strenge Fristen und formale Hürden – das Risiko von Leistungslücken

Ein oft unterschätzter Nachteil sind die formalen Pflichten. Die Arbeitsunfähigkeit muss der Krankenkasse fristgerecht gemeldet werden; unterbleibt die Meldung oder wird sie zu spät nachgewiesen, kann der Anspruch für diesen Zeitraum ruhen.

Das Gesetz nennt hierfür eine Ein-Wochen-Frist, wobei Rechtsprechung und eAU-Verfahren Details prägen. Versicherte tragen regelmäßig das Risiko für den rechtzeitigen Zugang der Meldung.

5. Befristete Leistung: 78 Wochen pro Krankheit – Blockfristen und Aussteuerung

Krankengeld gibt es wegen derselben Krankheit höchstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren. Diese sogenannte Blockfrist kann komplexe Folgen haben, etwa wenn Krankheitszeiten zusammenzurechnen sind oder eine zweite Blockfrist beginnt.

Erschöpft ist der Anspruch mit der sogenannten Aussteuerung – Betroffene müssen dann in der Regel in andere Sicherungssysteme wechseln. Auch eine stufenweise Wiedereingliederung zählt zeitlich mit und verkürzt die verbleibende Krankengelddauer.

6. Ungewisse Übergänge: Nahtlosigkeitsregelung statt Zahlungskontinuität

Nach der Aussteuerung folgt nicht automatisch eine nahtlose Weiterzahlung. Häufig kommt die Nahtlosigkeitsregelung des Arbeitslosengeldes I (§ 145 SGB III) zum Tragen. Dafür sind zusätzliche Anträge, Begutachtungen und Fristen erforderlich; die Praxis ist anspruchsvoll und führt nicht selten zu Verzögerungen. Behörden und Sozialverbände raten, rechtzeitig Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen – schon bevor das Krankengeld endet.

7. Mitwirkungspflichten und Reha-/Renten-Druck

Krankenkassen können Langzeit-Erkrankte auffordern, einen Reha- oder sogar Rentenantrag zu stellen. Diese Aufforderungen stützen sich auf § 51 SGB V und den Grundsatz „Reha vor Rente“. Wer

Mitwirkungspflichten nicht erfüllt, riskiert Leistungskürzungen oder -entzug nach § 66 SGB I. Für Betroffene bedeutet das zusätzlichen organisatorischen und psychischen Druck während der Genesung.

8. Mobilität eingeschränkt: Auslandsaufenthalte nur mit Genehmigung

Ein Urlaub oder Aufenthalt im Ausland während des Krankengeldbezugs ist nur mit vorheriger Zustimmung der Krankenkasse unproblematisch. Ohne Genehmigung kann der Anspruch für die Zeit im Ausland ruhen. Verbraucherzentralen und Kassenverbände raten daher, Reisen frühzeitig prüfen und attestieren zu lassen.

9. Spuren in der Rente: geringere Beitragsbasis

Während des Krankengeldbezugs fließen Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung, jedoch auf Basis von 80 Prozent des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts.

Das ist gut für den Schutz von Anwartschaften, bedeutet aber im Ergebnis geringere Rentenpunkte als bei regulärem Vollverdienst. Finanziell entlastend ist, dass sich Krankenkasse und Versicherter die Beiträge teilen; die niedrigere Bemessung bleibt dennoch ein langfristiger Nachteil.

10. Mögliche Folgen für Arbeitslosengeld I: fiktive Bemessung droht

Wer lange aus dem Job heraus ist, kann bei einem späteren Arbeitslosengeld-Bezug an eine Hürde stoßen: Liegen in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage mit Arbeitsentgelt vor, wird das ALG I fiktiv nach Qualifikationsgruppen bemessen – oft ungünstiger als eine Berechnung nach tatsächlichem früheren Verdienst. Das kann Betroffene treffen, deren Lohnzeiten durch längeren Krankengeldbezug fehlen.

11. Wegfall betrieblicher Extras: Dienstwagen, bAV & Co.

Leistungen, die an die laufende Entgeltzahlung gekoppelt sind, entfallen nach der sechswöchigen Lohnfortzahlung häufig. So endet der Anspruch auf die private Nutzung eines Dienstwagens im Regelfall mit dem Ende der Entgeltfortzahlung. Auch Beiträge des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersvorsorge ruhen in der Praxis oft, sofern nichts anderes vereinbart ist – Lücken muss der Arbeitnehmer dann selbst schließen.

Fazit: Unverzichtbar, aber mit Kosten und Pflichten

Krankengeld schützt vor Einkommensausfällen bei längerer Krankheit – doch es ist keine Vollkaskoversicherung. Weniger Netto, Abzüge, steuerliche Effekte, strenge Fristen, eine begrenzte Leistungsdauer und organisatorische Hürden sind die Kehrseite.

Wer frühzeitig plant, Fristen einhält, Anträge rechtzeitig stellt und Reisen abstimmt, kann etliche Risiken entschärfen – die Nachteile bleiben jedoch Teil des Krankengeldes.