OLG Celle stärkt Ansprüche aus Berufsunfähigkeitsversicherung

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Versicherer muss bei Zahlungsende Entscheidungsgrundlagen offenlegen

Wenn ein Versicherer seine Zahlungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung einstellen will, muss er dies nachvollziehbar begründen und insbesondere auch die Entscheidungsgrundlagen offenlegen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle in einem am Mittwoch, 6. Februar 2019, bekanntgegebenen Urteil entschieden (Az.: 8 U 139/18).

Im Streitfall hatte der Versicherer nach einem Unfall seine Leistungspflicht uneingeschränkt anerkannt und entsprechend gezahlt. Nach den Vertragsbedingungen bestand ein Leistungsanspruch ab einer Erwerbsminderung von mindestens 50 Prozent.

Nur weniger als ein Jahr später teilte der Versicherer aber mit, die Voraussetzungen lägen nicht mehr vor. Seine Zahlungen stellte er ein. Mit seinem jetzt bekanntgegebenen Urteil vom 19. November 2018 gab das OLG Celle der dagegen gerichteten Klage weitgehend statt.

Zur Begründung erklärte das OLG, der Versicherer müsse eine solche Entscheidung nachvollziehbar erklären. Der Versicherungsnehmer müsse in der Lage sein, „seine Prozessrisiken abzuschätzen, wenn er die Mitteilung nicht akzeptiert”.

Zu der notwendigen Begründung gehöre, „dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer etwaig eingeholte Gutachten oder ärztliche Bescheinigungen zugänglich macht, auf die der Versicherer seine Entscheidung stützt”. Zudem müsse er eine „Vergleichsbetrachtung” anstellen, inwieweit sich daraus ein geringerer Grad der Erwerbsminderung ergibt.

Nach dem Urteil reicht es dagegen nicht aus, wenn der Versicherer einfach den von ärztlichen Gutachtern veranschlagten Grad der Erwerbsminderung gegenüberstellt. Denn hierbei hätten die Ärzte einen erheblichen Beurteilungsspielraum. Dies könne dazu führen, dass ein erster Arzt die Erwerbsminderung mit 50 Prozent oder höher veranschlagt, später ein anderer Arzt dieselbe gesundheitliche Beeinträchtigung aber mit weniger als 50 Prozent.

Hier habe die Versicherung aber anerkannt, dass nach dem Unfall eine Erwerbsminderung von mindestens 50 Prozent bestand. Daran sei sie gebunden, betonte das OLG. Eine Einstellung der Leistungen sei daher nur gerechtfertigt, wenn die Versicherung nachweisen kann, dass sich der Gesundheitszustand tatsächlich verbessert hat.

Formell kam das OLG Celle den Versicherungsunternehmen allerdings entgegen. Der entsprechende Vortrag könne gegebenenfalls auch noch vor Gericht nachgeholt werden. Für die Versicherungsnehmer bedeutet dies, dass sie bei Zweifeln die ihnen zustehende Begründung samt Unterlagen aktiv anfordern müssen, um die Entscheidung nachvollziehen und im Fall einer Klage ihr Prozessrisiko einschätzen zu können. mwo/fle

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