LSG Stuttgart: Kosten müssen aus Regelbedarf gedeckt werden
Großeltern können für Besuchsfahrten zu ihren Enkeln grundsätzlich keine höhere Sozialhilfe beanspruchen. Auch wenn getrennt lebende Eltern zur Wahrnehmung ihres Umgangsrechts mit ihrem Kind höhere Sozialleistungen erhalten können, gelte diese Rechtsprechung nicht für Großeltern, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 17. April 2019 (Az.: L 2 SO 4004/18).
Im konkreten Fall war der aus dem Raum Reutlingen stammende Kläger auf Grundsicherungsleistungen im Alter angewiesen. Von seinem Sozialamt verlangte er höhere Hilfeleistungen, um zu seinen in der Schweiz lebenden zehn und 14 Jahren alten und bei der Mutter lebenden Enkeln fahren zu können. Die Eltern der Kinder sind getrennt.
Der Großvater wünschte sich einmal im Monat entsprechende Besuchsfahrten zu den Enkeln. Er wolle die soziale Beziehung zu den Kindern pflegen und sie in der zerrütteten Familiensituation unterstützen. Es liege damit ein wiederkehrender unausweichlicher atypischer Mehrbedarf vor, für den der Sozialhilfeträger einspringen müsse. Aus seiner kleinen Rente könne er die notwendigen Fahrten und Übernachtungen bei seinen Enkeln nicht finanzieren.
Der Rentner verwies zudem auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel. Die obersten Sozialrichter hatten am 4. Juni 2014 geurteilt, dass getrennt lebende Hartz-IV-Bezieher für den Umgang mit ihren bei dem Ex-Partner lebenden Kindern einen Mehrbedarf geltend machen können (Az.: B 14 AS 30/13 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Dies müsse auch für auf Grundsicherungsleistungen angewiesene Großeltern gelten, meinte nun der Kläger.
Sowohl das Sozialgericht Reutlingen als auch das LSG wiesen den Anspruch ab. Das Sozialgericht urteilte, dass die BSG-Rechtsprechung zum Umgangsrecht der Eltern nicht auf Großeltern übertragbar sei. Es sei durchaus üblich, dass Großeltern weit entfernt von ihren Enkeln leben. Die Pflege verwandtschaftlicher Beziehungen gehöre damit zum allgemeinen Lebensbedarf und werde durch die Regelleistung abgedeckt.
Dem stimmte nun auch das LSG zu. Es handele sich hier um eine häufige Lebenssituation und daher nicht um einen „unausweichlichen atypischen Mehrbedarf”. Bereits deshalb bestehe kein Anspruch auf zusätzliche Sozialleistungen.
Anders als bei Großeltern diene das Umgangsrecht getrennt lebender Eltern zu ihrem Kind wegen der besonders engen familiären Bindung auch der Gewährleistung des Kindeswohls. Dies sei auf Großeltern nicht übertragbar. Hier habe der Großvater auch nicht dargelegt, dass zu seinen Enkeln eine überdurchschnittliche familiäre Bindung bestehe. Die Fahrt- und Übernachtungskosten seien daher aus dem Regelbedarf zu begleichen. fle/mwo
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