Kein Bürgergeld nach Aufenthalt im Ausland – 33.000 Euro müssen jetzt zurückgezahlt werden

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Ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen‑Bremen sorgt für Aufmerksamkeit: Ein in Bremen gemeldetes Ehepaar nigerianischer Herkunft muss rund 33 000 Euro an Grundsicherungsleistungen (Bürgergeld) zurückzahlen, weil es sich jahrelang nicht in Deutschland, sondern in Nigeria aufgehalten hat.

Die Richterinnen und Richter stellten fest, dass die Betroffenen für Vermittlungsbemühungen des Jobcenters nicht erreichbar waren und das Gericht über ihren tatsächlichen Aufenthaltsort getäuscht hatten. Damit entfalle der Anspruch auf Bürgergeld vollständig, entschied der 13. Senat.

Der lange Weg durch die Instanzen

Seit 2014 bezog das Paar Leistungen nach dem damaligen SGB II (Hartz IV), später Bürgergeld. Erst eine Passkontrolle der Bundespolizei bei der Einreise am Bremer Flughafen im Jahr 2018 brachte Unstimmigkeiten ans Licht: Einreisesiegel dokumentierten mehrjährige Aufenthalte im Ausland.

Das Jobcenter Bremen hob daraufhin sämtliche Bewilligungsbescheide auf und verlangte das bereits ausgezahlte Geld zurück. Nach einem erfolglosen Widerspruch zogen die Eheleute vor das Sozialgericht Bremen (Az. S 36 AS 1607/19) und anschließend in die Berufung zum LSG (Az. L 13 AS 395/21) – ohne Erfolg.

Täuschung und Beweislastumkehr

Normalerweise muss das Jobcenter belegen, dass Leistungsbeziehende länger als zulässig abwesend waren. Im vorliegenden Fall griff jedoch die Beweislastumkehr. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Kläger „beharrlich“ täuschten.

Indizien waren eine unbewohnte Bremer Wohnung, zahlreiche Meldeversäumnisse, ein Mitarbeiterausweis des Mannes bei einer nigerianischen Transportfirma, die Zulassung der Frau als Rechtsanwältin in Nigeria sowie der Schulbesuch der Kinder in Lagos.

Ein Zeuge offenbarte zudem den Versuch, ihn zu einer falschen eidesstattlichen Versicherung zu bewegen.

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Wegen dieser „Täuschungshandlungen“ liege die Darlegungs‑ und Beweislast bei den Klägern, so das Gericht – eine Konstellation, die das LSG ausdrücklich als Warnung für vergleichbare Fälle verstanden wissen will.

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Rechtsrahmen: Erreichbarkeit und Urlaub mit Bürgergeld

Kern des Streits ist die sogenannte Erreichbarkeits‑Anordnung. Anspruch auf Bürgergeld besteht nur, wenn Leistungsberechtigte dem Arbeitsmarkt kurzfristig zur Verfügung stehen.

Genehmigte Ortsabwesenheiten – etwa Urlaube – sind möglich, aber grundsätzlich auf drei Wochen (21 Kalendertage) pro Jahr begrenzt. Wer länger wegbleibt oder ohne Genehmigung reist, verliert in der Regel seinen Leistungsanspruch. Diese Grenze war hier nicht nur überschritten, sie wurde über Jahre ignoriert.

Bedeutung des Urteils für Jobcenter‑Praxis und Betroffene

Das LSG‑Urteil verschiebt die Gewichte in der Beweisführung, wenn handfeste Indizien für eine systematische Täuschung vorliegen. Jobcenter können sich künftig mit Verweis auf die Entscheidung darauf berufen, dass die Beweispflicht auf Leistungsbeziehende übergeht, sobald diese falsche Angaben machen oder Ermittlungen behindern.

Für Betroffene bedeutet das, dass Nachweispflichten – etwa durch Konto‑, Miet‑ oder Schulbescheinigungen – deutlich ernster zu nehmen sind, um Missverständnisse zu vermeiden.