Hartz IV Behörde weigert sich Pflegekinder als Familienangehörige anzuerkennen

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Das Jobcenter weigert sich drei Kindern Hartz IV-Leistungen zu zahlen. Der Grund: Sie sind estnischer Herkunft und eine Pflegemutter stelle keine Familienangehörige dar. Demnach haben die drei Kinder kein Aufenthaltsrecht und auch keinen Leistungsanspruch.

Pflegemutter stelle keinen Familienangehörigen dar

Frau S. arbeitete bis April 2018 als Pflegekraft. Seit Mai 2018 bezieht sie Leistungen zur Grundsicherung des Lebensunterhalts, also Hartz IV. Im Jahr 2004 nahm die Frau drei Kinder estnischer Herkunft bei sich auf. Diese waren zu dem Zeitpunkt zwischen zwei und drei Jahren alt. Seit 2009 besteht auch das jeweilige Vormundschaftsverhältnis. Bereits im Oktober 2017 beantragte Frau S. auch für ihre drei Pflegekinder Hartz IV. Diese Leistung wurde in allen drei Fällen vom Jobcenter abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass die Kinder kein Aufenthaltsrecht hätten. Schließich stelle eine Pflegemutter keinen Familienangehörigen dar.

Aufenthaltsrecht sei nicht erkennbar

Auch die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Jobcenter mit drei Widerspruchsbescheiden im September 2018 zurück. Es beharrt weiterhin darauf, dass die Kinder dem Leistungsausschluss unterfallen, da kein Aufenthaltsrecht aufgrund der Familienzugehörigkeit erkennbar sei. Ebenso ergebe sich aus dem bestehenden Vormundschaftsverhältnis keine Bedarfsgemeinschaft. Dafür müsste eine Familienangehörigkeit erkennbar sein. Noch im September beantragte Frau S. vorläufigen Rechtsschutz beim Sozialgericht. Die Antragsteller, also die drei Pflegekinder, führten aus, dass es unstreitig sei, dass Frau S. sowohl eine Familienangehörige wie auch die Sorgeberechtigte für sie sei. Ferner sei sie auch im Sinne des Freizügigkeitsgesetzes, das den Aufenthalt der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen regelt, als Familienangehörige anzusehen. Schließlich leben Frau S. und die Antragsteller schon seit vielen Jahren in einer familiären Lebensgemeinschaft.

Pflegeeltern stellen Jugendhilfe und keine Bedarfsgemeinschaft dar

Die drei Pflegekinder beantragen daher, das Jobcenter im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Hartz IV-Leistungen zu gewähren sowie den Mietanteil zu bewilligen. Das Jobcenter beschloss, den Antrag abzuweisen. Es vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Tatsache, dass sich die Antragsteller schon seit einigen Jahren auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und gemeinsam mit ihrer Pflegemutter leben, für einen eigenständigen Leistungsanspruch nicht ausreiche. Zusätzlich bezieht sich das Jobcenter bei seiner Begründung auf eine Wikipedia-Definition, die besagt, dass ein Pflegekind ein Kind sei, das vorübergehend oder dauerhaft nicht bei seinen Herkunftseltern lebe. Stattdessen wird dieses Kind von einer Pflegefamilie betreut, jedoch nicht adoptiert. Also handle es sich um eine stationäre Jugendhilfe und nicht um eine Bedarfsgemeinschaft.

Sozialgericht gibt Kindern Recht

Die Klage der Pflegekinder vor dem Sozialgericht hatte Erfolg. Nach Angaben des Gerichts haben die drei Kinder glaubhaft gemacht, dass sie die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen nach dem SGB II erfüllen. Denn die drei Kinder haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, haben das 15. Lebensjahr vollendet, sind erwerbsfähig und hilfebedürftig. Ferner sind die Antragsteller auch nicht von den Leistungen ausgeschlossen, weil ihr Vormund nicht die leibliche Mutter ist. Das Gericht definiert die Pflegekinder als „sonstige Familienangehörige“ von Frau S. . Folglich genießen sie das Freizügigkeitsrecht und unterfallen, entgegen der Annahme des Jobcenters, nicht dem Leistungsausschluss. Denn auch Pflegekinder werden als Familie betrachtet, sofern zwischen Pflegemutter und Pflegekindern ein intensiv gelebtes Pflegekindschaftsverhältnis bestehe. Dieses Verhältnis existiert in diesem Fall und die Betroffenen genießen daher verfassungsrechtlichen Schutz. Die Kinder sind sehr wohl als Familienangehörige von Frau S. zu betrachten. Daher haben sie sowohl ein Aufenthaltsrecht wie auch Anspruch auf Hartz IV.

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