Eine dreimonatige Inhaftierung im Heimatland stellt für einen bulgarischen Staatsangehörigen eine wesentliche Unterbrechung des gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet dar.
Das hat zur Folge, dass die Fünfjahresfrist gemäß § 7 Absatz 1 Satz 4 Halbsatz 1 SGB II nach der Haftentlassung wieder neu beginnt. Somit unterliegt der Antragsteller dem Leistungsausschluss des SGB II und hat keinen Anspruch auf Bürgergeld. So entschieden vom LSG, NRW, Urt. v. 11.01.2024 – L 19 AS 1849/21 – Revision anhängig bveim BSG – B 4 AS 8/24 R –
Begründung: Fünfjähriger gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet – Meldungen bei Meldebehörde – Unterbrechungen
Zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts gemäß ( § 7 Abs. 1 S. 4 SGB II ) im Bundesgebiet ist eine durchgehende Meldung nicht erforderlich, so ausdrücklich das BSG – B 4 AS 8/22 R – .
Allerdings hatte der Kläger keinen gewöhnlichen Aufenthalt mit einer Dauer von fünf Jahren im Bundesgebiet.
Voraussetzung
Denn Voraussetzung wäre, dass der Antragsteller bei Leistungsbeginn seit seiner erstmaligen Anmeldung ununterbrochen über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte.
Kurze, unwesentliche Unterbrechungen
Lediglich unwesentliche Unterbrechungen des Aufenthaltes sind unschädlich (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.2022 – B 4 AS 2/21 R m.w.N.; BT-Drs. 18/10221 S. 14).
Unterbrechungen wegen kurzfristiger Auslandsaufenthalte
Nach der Gesetzesbegründung bleiben Unterbrechungen wegen kurzfristiger Auslandsaufenthalte, wie z.B. Klassenfahrten, Besuche von Angehörigen oder die Teilnahme an Beerdigungen von Angehörigen außer Betracht.
Ob ein Aufenthalt im Ausland zu einer wesentlichen Unterbrechung führt, ist neben der Dauer des Aufenthalts im Ausland zu berücksichtigen, wodurch dieser veranlasst wurde, zum Beispiel familiäre, schulische Gründe und welches Gewicht diese Gründe für den Ausländer haben (siehe BT-Drs. 18/10211 S. 16 zur inhaltlich identischen Vorschrift des § 23 Abs. 3 S. 7 SGB XII).
Bei einer wesentlichen Unterbrechung des Aufenthalts beginnt die Fünf-Jahres-Frist bei einer Wiedereinreise erneut zu laufen.
So lag der Fall hier und somit hatte der bulgarische Bürger kein Anspruch auf ALG II.
Anmerkung Sozialrechtsexperte Detlef Brock
Claudius Voigt von der GGUA gab dazu folgendes bekannt:
Bundessozialgericht zum SGB-II-Anspruch nach fünfjährigem gewöhnlichen Aufenthalt:
Keine durchgehende Wohnsitzanmeldung erforderlich, auch Gefängnisaufenthalt zählt mit
“Ein Gefängnisaufenthalt unterbricht nicht die Fünfjahresfrist. Denn auch während der Haft kann der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland bestehen. Das BSG stellt dies im konkreten Fall zwar für eine nur ganz kurze Haft von drei Tagen fest.
Aber es verweist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf eine andere Entscheidung des BSG, in der es um die Frage des gewöhnlichen Aufenthalts bei Gefängnisaufenthalt ging (BSG, Urteil vom 29.5.1991 – 4 RA 38/90).”
Hinweis: Nachzulesen in BSG, B 4 AS 8/22 R – , Rz. 31
In diesem aktuellem Fall sprechen wir aber von 3 monatiger Haft im Heimatland, ob dies noch eine – unwesentliche kurze Unterbrechung des gewöhnlichen Aufenthalts dar stellt, wird das BSG erneut beantworten müssen.
Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.