Hartz IV-Urteile: Ein-Euro-Jobber als Fahrgastbegleiter will Tariflohn

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Fahrgastbegleiter mit Ein-Euro-Job will Tariflohn

Ein-Euro-Jobs dรผrfen nur fรผr gemeinnรผtzige Zusatzarbeiten eingerichtet werden, die keine regulรคre Arbeit verdrรคngen. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass der Fahrgastbegleitservice der รœSTRA in Hannover diesen Anforderungen genรผgt und wies eine Klage eines Hartz IV Beziehers ab, der derzeit einen Ein-Euro-Job bei den ร–ffentlichen Verkehrsmitteln ausรผbt.

Geklagt hatte ein ehemaliger Hartz-IV-Empfรคnger aus Hannover, der vom Jobcenter in eine EingliederungsmaรŸnahme als Fahrgastbegleiter der Verkehrsbetriebe vermittelt wurde. Drei Jahre lang half er Senioren und Rollstuhlfahrern beim Einsteigen, unterstรผtzte Eltern mit Kinderwagen und begleitete Patienten zum Arzt. Als er in einer Praxis den Werbeflyer eines Begleitdienstes fand, kamen ihm Zweifel, ob er wirklich eine Zusatzarbeit ausรผbt.

Vom Jobcenter verlangte der Mann nun Tariflohn als Wertersatz fรผr seine Arbeit. Nach seiner Ansicht erbringe die รœSTRA eine kostenlose Leistung, die bei anderen Anbietern im Rahmen von Betreuungen oder Eingliederungsleistungen Geld koste. Hierdurch entstehe eine wettbewerbsverzerrende Konkurrenz, die auch noch intensiv beworben werde.

Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestรคtigt. Ein kostenloser Fahrgastbegleitservice fรผr mobilitรคtseingeschrรคnkte Fahrgรคste im ร–PNV sei eine Zusatzarbeit im Sinne des SGB II, soweit er nicht zum eigentlichen Leistungsspektrum des Personentransportes gehรถre. Dem stehe nicht entgegen, dass es bei der รœSTRA etwa 70 Fahrgastbegleiter gebe, fรผr die Werbung gemacht werde. Das Gericht hat die Unternehmensstatistiken der รœSTRA ausgewertet und sich entscheidend darauf gestรผtzt, dass dem Unternehmen durch den kostenlosen Service keine Zusatzeinnahmen entstรผnden. Gemessen an 176 Mio. Fahrgรคsten pro Jahr kรถnne aus mehreren Hundert Personenbegleitungen pro Monat kein ernsthaftes wirtschaftliches Interesse am Ticketverkauf folgen. Ebenso wenig bestehe ein Verdrรคngungspotential anderer Anbieter, die zumeist auch ganz andere Leistungen wie Individualbetreuung erbringen wรผrden. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, AZ: L 11 AS 109/16