LSG Celle: Sechsköpfige Familie profitiert von „Sozialschutzpaket”
Wenn Hartz-IV-Bezieher in eine zu teure Wohnung umziehen, müssen die Jobcenter diese im Zuge der Corona-Pandemie für bis zu sechs Monate ungeprüft bezahlen. Die entsprechende Regelung des „Sozialschutzpakets” ist auch auf neu bezogene Wohnungen anwendbar, wie das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am Montag, 19. Oktober 2020, veröffentlichten Eilbeschluss entschied (Az.: L 11 AS 508/20 B ER).
Das Sozialschutzpaket soll einen vereinfachten Zugang zu bestimmten Sozialleistungen schaffen. Unter anderem soll so vermieden werden, dass Menschen, die wegen der Corona-Pandemie vorübergehend in eine finanzielle Notlage geraten und Hartz IV beantragen, ihre Wohnung verlieren. Die entsprechende Regelung sieht vor, „dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Dauer von sechs Monaten als angemessen gelten”.
Nach dem Beschluss des LSG Celle profitiert davon nun auch eine sechsköpfige Familie aus dem Raum Hannover. Sie lebte bislang in einer Vierzimmerwohnung, zog nach der Geburt des sechsten Kindes aber in ein Einfamilienhaus mit sechs Zimmern um. Die Miete dort lag bei 1.300 Euro und damit deutlich über der vom Jobcenter festgesetzten Obergrenze für sechs Personen von 919 Euro.
Vorrübergehend Umzug in teure Wohnung
Das LSG entschied, dass das Jobcenter vorübergehend bis Ende Januar 2021 die zu hohe Miete bezahlen muss. Die gesetzliche Corona-Klausel enthalte eine „unwiderlegbare Fiktion”, wonach die tatsächliche Miete als angemessen gilt. Aufgrund des weitreichenden Wortlauts sei dies nicht nur auf die bisherige Wohnung neuer Hartz-IV-Empfänger anwendbar, sondern „auch für eine gerade erst neu bezogene zu teure Wohnung”, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 29. September 2020. Einen Zusammenhang der Hilfebedürftigkeit mit der Corona-Pandemie verlange die Vorschrift ausdrücklich nicht.
Ausgenommen von der Regelung sind laut Gesetz allerdings Arbeitslosengeld II-Leistungsbezieher, die schon länger in einer zu teueren Wohnung leben und das Jobcenter deshalb schon bislang nur „die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkannt” hatte. mwo/fle
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