Hartz IV: Fahrtkosten auch bei Arbeitsaufnahme

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Hartz IV: Eine Fahrkostenbeihilfe kann auch noch nach Arbeitsbeginn beantragt werden: Es ist eine Ermessensauslegung der Argen

Im Bereich der Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs. 1 SGB II sind die Vorschriften der §§ 323 ff. SGB III nicht anwendbar, da das SGB II in § 37 abweichende Regelungen im Sinne von § 16 Abs. 1a SGB II enthält. Eine Fahrkostenbeihilfe kann auch noch nach Arbeitsbeginn beantragt werden, allerdings wird sie erst ab Antragstellung bewilligt .

Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) besteht auf eine pflichtgemäße Ermessenausübung ein Anspruch. Bei völligem Ausfall des Ermessens ist der Verwaltungsakt nach § 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG rechtswidrig. Die Behörde hat bei Erlass des angefochtenen Bescheids ihre Pflicht zur Ermessensausübung verkannt, da sie davon ausging, bereits die Antragstellung nach Arbeitsaufnahme stehe dem Anspruch dem Grunde nach entgegen. Für Ermessenentscheidungen schreibt § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X eine erweiterte Begründungspflicht vor, wonach die Begründung diejenigen Gesichtspunkte erkennen lassen muss, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Mängel in der Mitteilung der Ermessensbegründung sind heilbar nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB X (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, SGB X, § 41 Rdnr. 25; Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 41 Rdnr. 11). Nach der ab 1. Januar 2001 geltenden Neufassung des § 41 Abs. 2 SGB X (BGBl. I 2001 S. 130) kann eine erforderliche Begründung eines Verwaltungsaktes noch bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden und nicht mehr wie zuvor nur bis zur letzten Behördenentscheidung. Indes ermöglicht auch die Neufassung des § 41 Abs. 2 SGB X nicht das erstmalige Anstellen von zuvor unterbliebenen Ermessenserwägungen noch während des gerichtlichen Verfahrens. Die Erwägungen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren stellen die erstmalige Ausübung von Ermessen dar, die nur in einem neuen Bescheid, nicht aber durch eine Ergänzung des bisherigen Bescheides erfolgen kann, denn eine Ermessensentscheidung ist gegenüber einer gebundenen Entscheidung, wie sie die Beklagte zunächst getroffen hat, ein aliud (vgl. Schütze in von Wulffen, a.a.O., § 41 Rdnr. 11). Ein Ermessensausfall kann nach alledem nicht durch das Nachschieben einer Begründung im Klageverfahren geheilt werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22 Februar 2007 – L 10 R 5254/05 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2007 – L 17 U 37/07 – ; LSG Berlin – Brandenburg, Urteil vom 12. Februar 2008 – L 2 U 221/06 – .

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen. Bislang existiert – soweit ersichtlich – keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, ob und in welcher Form die Vorschriften über die Antragstellung bei den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung (§ 323 ff. SGB III) im Rahmen der Eingliederungsleistungen über § 16 Abs. 1a SGB II anzuwenden sind. (16.03.2009)

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