Arbeitslosengeld II nach Ausbildungsabbruch- auch wenn Kรผndigung selbst provoziert wurde
Der Klรคger hatte eine auรerbetriebliche Berufsausbildung aufgenommen. Er fehlte wiederholt unentschuldigt, was zur auรerordentlichen Kรผndigung fรผhrte. Daraufhin bewilligte ihm das beklagte Jobcenter ein vorรผbergehend um 30 % verringertes Arbeitslosengeld II. Spรคter verlangte es die komplette Erstattung seiner Leistungen mit der Begrรผndung, dass der Klรคger seine Hilfebedรผrftigkeit vorsรคtzlich oder grob fahrlรคssig herbeigefรผhrt habe.
Anspruch zur Wahrung des menschenwรผrdigen Existenzminimums
Das LSG hat nun festgestellt, dass ein solcher Anspruch i.S.v. ยง 34 SGB II nicht bestand. Dieser setze aufgrund der gebotenen Abgrenzung zu den Sanktionsvorschriften (ยงยง 31 ff. SGB II) ein sozialwidriges Verhalten des Leistungsempfรคngers voraus, das รผber die in diesen geregelten Pflichtverletzungen hinausgehe und nur unter Berรผcksichtigung strenger Maรstรคbe anzunehmen sei. Denn der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sei ein verfassungsrechtlich garantierter Anspruch zur Wahrung des menschenwรผrdigen Existenzminimums.
Das verbiete es, Leistungen, die auf einem einfachen Eigenverschulden beruhten, im Ergebnis nur vorlรคufig, quasi als Darlehen zur รberbrรผckung einer akuten Notlage, zu bewilligen, um sie anschlieรend im vollen Umfang zurรผckzufordern.
An einem unentschuldbaren Verhalten des Klรคgers mit einem spezifischen Bezug zur Herbeifรผhrung der Hilfebedรผrftigkeit fehle es. Denn er habe glaubhaft erklรคrt, wรคhrend seiner Ausbildung erkannt zu haben, dass ihm diese nicht liege. Bei der Wertung dieses Vorbringens sei zu berรผcksichtigen, dass die Wahl des Berufs und der Ausbildungsstรคtte durch Art. 12 GG besonders geschรผtzt sei.
Zwar begrรผnde dies allein keinen wichtigen Grund des Klรคgers fรผr ein bloรes Fernbleiben von der Ausbildung. Diesem Verhalten habe das Jobcenter jedoch mit einer Leistungskรผrzung um 30 % hinreichend begegnen kรถnnen. Ein darรผberhinausgehender Vorwurf i.S. eines unentschuldbaren Verhaltens treffe den Klรคger hingegen nicht. Das LSG hat die Revision zugelassen. Das LSG hat durch Urteil vom 11.10.2018 (L 7 AS 1331/17) zwei die Ersatzpflicht feststellende Bescheide sowie ein klageabweisendes Urteil des SG Gelsenkirchen aufgehoben.