Jobcenter müssen normalerweise keine Darlehen an Leistungsberechtigte gewähren, um laufende Tilgungen zu bezahlen. Bei der Tilgung von Krediten für selbst bewohntes Eigentum kann das aber anders aussehen – zumindest in einer Notlage.
So verurteilte das Sozialgericht Duisburg dazu, für Leistungsberechtigte vorläufig ein solches Darlehen zu übernehmen. (S 38 AS 3031/21 ER).
Inhaltsverzeichnis
Erwerbslos und die Wohnung muss abbezahlt werden
Die Betroffenen hatten 1997 eine 62,4 Quadratmeter Eigentumswohnung mit 2,5 Zimmern gekauft. Der Kaufpreis betrug ursprünglich 250.000 DM (127.822,97 Euro). Sie brachten dafür 52.151,00 Euro Eigenkapital auf und nahmen ein Darlehen auf in Höhe von 86.408,00 Euro.
Die beiden leben selbst in der Wohnung. Ihre monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung liegen bei 56,99 Euro Schuldzinsen, 210,00 Euro Nebenkosten, 155,00 Euro Heizkosten und 20,08 Euro Grundbesitzabgaben.
Vier Prozent Tilgung pro Jahr
2007 wurden die Kredite umgeschuldet, so dass sie an die PDS-Bank jährlich vier Prozent Tilgung zahlen mussten. Ab 2014 waren es dann jährlich zwei Prozent, und ab 2018 wieder vier Prozent. Zur Zeit des Gerichtsverfahrens mussten noch 35.104 Euro abbezahlt werden.
Der Antragsteller bezog zur Zeit des Verfahrens Arbeitslosengeld in Höhe von 1058,10 Euro pro Monat. Seine Partnerin bezog kein Einkommen. Beide standen rund eineinhalb bis zwei Jahre vor dem Regelalter der Altersrente.
Kosten der Unterkunft und Heizung
Die Grundsicherung übernahm monatlich Kosten für Unterkunft und Heizung für September und Oktober 2021 in Höhe von 154,73 Euro pro Monat; für November 2021 von 214,98 Euro pro Monat und für Dezember von 154,73 Euro pro Monat. Die Kreditrate liegt laut Kontoauszug bei 452,67 Euro pro Monat.
Lesen Sie auch:
– Wegweisendes Urteil: Bürgergeld-Leistungslücke des Jobcenters rechtswidrig bei Zuständigkeitswechsel
Lassen Sie Ihren Bescheid kostenlos von Experten prüfen.
Bescheid prüfenStundung nicht mehr möglich
Die Betroffenen schafften es finanziell nicht, die Raten in Höhe von 452,67 Euro zu stunden. Deshalb beantragten Sie beim Träger der Sozialleistung eine Übernahme der Kosten der Kreditrate. Die Behörde weigerte sich und wies einen Widerspruch zurück. Deshalb kam der Fall vor das Sozialgericht.
Zahlung nicht möglich
Die Betroffenen argumentierten, dass sie Leistungen für Unterkunft und Heizung bezögen. Zu diesen gehörte die Tilgungsleistung der durch Darlehen und Eigenkapital finanzierten Wohnung. Inzwischen betrüge diese noch 34.031,44 Euro.
Sozialleistung darf kein Vermögen aufbauen
Das Jobcenter hielt dem entgegen, dass Tilgungskosten regelmäßig nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung gehörten, die der Leistungsträger übernehmen müsse. Dies widerspräche nämlich dem Grundsatz, dass Sozialleistungen nicht dazu dienen dürfen, Vermögen aufzubauen. Bei einer Schuldentilgung sei dies aber der Fall. Ausnahme könnten lediglich kleine Restschulden sein, nicht aber 34.031,44 Euro.
Auch ein Darlehen für Schulden laut dem Paragrafen 67 3 des Sozialgesetzbuches II käme nicht in Frage, denn bei dieser Vorschrift ginge es zwar um Schulden, nicht aber um laufende Tilgungsleistungen.
Gericht sieht Notlage
Das Sozialgericht erklärte hingegen, dass die vom Jobcenter erörterte Rechtslage in diesem Fall nicht zuträfe. Denn hier ginge es darum, die Unterkunft zu sichern, und es sei eine Notlage vorhanden.
Für diesen Fall sehe der Paragraf 22 Absatz 8 des Sozialgesetzbuches II vor, dass die Sozialbehörde ein Darlehen gewähren müsse. So heißt es: ”
Sofern Arbeitslosengeld II (Bürgergeld / Grundsicherung) für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.“
Deshalb verurteilte das Gericht das Jobcenter, für die Tilgungsraten ein Darlehen zu gewähren im Rahmen der Kosten und Heizung, und um drohende Wohnungslosigkeit zu verhindern.