Mit dem Umzug endet nicht die Zuständigkeit des alten Jobcenters, denn allein ein Fortfall der örtlichen Zuständigkeit genügt für eine Aufhebung der ursprünglich bewilligten Leistungen nicht.
Nach § 2 Abs 3 S 1 SGB 10 soll bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit im Interesse des Leistungsberechtigten eine nahtlose Leistungsgewährung erfolgen.
Ziehen Bezieher von Bürgergeld in eine neue Wohnung und wird dabei ein neues Jobcenter zuständig, darf das alte Jobcenter trotzdem nicht die ALG II – Leistungen nach $ 48 Abs. 1 SGBX aufheben.
Auch wenn mit dem Umzug des Antragstellers die angemietete und im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Leipzig gelegene Wohnung der Antragsgegner zwar gem. § 36 Abs. 1 i. V. m. § 6 SGB II für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes örtlich unzuständig geworden ist.
Die für den Weiterbezug der zuletzt gewährten Leistungen ist jedoch auf Grund der in § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X getroffenen Regelung nicht rechtserheblich im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Juli 2021 – L 3 AS 785/21 B ER –; so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss 22. Mai 2019 – L 7 SO 1311/19 ER-B – ).
Das gibt aktuell das SG Leipzig, Beschluss vom 08.03.2024 – S 24 AS 232/24 ER – bekannt.
Bei einem örtlichen Zuständigkeitswechsel gilt folgendes:
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X hat bei einem örtlichen Zuständigkeitswechsel das bisher zuständige Jobcenter die Leistungen noch solange zu erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden.
Die Norm gewährt damit dem Leistungsempfänger von Bürgergeld einen Anspruch gegen das unzuständig gewordene Jobcenter (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. September 2017 – L 2 AS 397/17 B ER – ).
Die Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X dient nicht lediglich der Zuständigkeitsbestimmung zwischen den Jobcentern, vielmehr soll im Interesse des Bürgers eine nahtlose Leistungsgewährung erfolgen, gleichsam so, als ob es keinen Zuständigkeitswechsel gegeben hab.
Fazit:
Die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Leistungen liegen hier vor, denn der Antragsteller befand sich zum Zeitpunkt des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit beim Jobcenter im laufenden Leistungsbezug. Das nunmehr zuständige Jobcenter Leipzig hat die Leistungen
auch aktuell (noch) nicht fortgesetzt.
Allein ein Fortfall der örtlichen Zuständigkeit genügt für eine Aufhebung der ursprünglich bewilligten Leistungen jedenfalls nicht.
Praxistipp vom Sozialrechtsexperten Tacheles e. V.
Dazu RA Volker Gerloff:
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X hat bei einem örtlichen Zuständigkeitswechsel die bisher zuständige Behörde die Leistungen noch solange zu erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden.
Es darf durch den Wechsel der örtlichen Zuständigkeit also keine Leistungslücke entstehen!
Das Gesagte gilt auch für das SGB XII
Ein eingetretener Wechsel der örtlichen Zuständigkeit lässt grundsätzlich einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII unberührt und begründet allein keine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB X ( LSG BW, Az. L 7 SO 1311/19 ER-B mit Verweis auf BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 8 SO 20/16 R – ).
Wichtiger Tipp vom Sozialrechtsexperten
§ 2 Abs 3 S 1 SGB 10 ist auch in den Fällen anzuwenden, in denen der nunmehr zuständige Leistungsträger die Leistungen wegen fehlender Mitwirkung versagt, denn hierdurch verwirklicht sich gerade die mit dem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit verbundene Gefahr der Unterbrechung der Leistungsgewährung.