EuGH: Zuwanderern darf Hartz IV verwehrt werden

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Rumänin hat keinen Anspruch auf Hartz IV in Deutschland

12.11.2014

Mit Spannung wurde das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) erwartet. Die luxemburgischen Richter mussten sich mit der Frage auseinandersetzen, ob Deutschland weiterhin Menschen aus der EU Hartz IV verweigern darf. Bereits im Mai hatte ein Gutachter die Vorgehensweise in Deutschland bejaht. Auch der EuGH kam zu diesem Ergebnis. Den europäischen Richtern zufolge müsse ein Staat die Möglichkeit haben, Zuwanderern ohne Job Sozialleistungen versagen zu können. Das Urteil des EuGH ist aber nicht generell auf EU-Bürger übertragbar, die zum Zwecke der Arbeitssuche nach Deutschland kommen, die derzeit gemäß SGB II von Sozialleistungen ausgeschlossen sind.

Wer sich nicht um eine Arbeitsstelle bemüht, hat keinen Anspruch auf Hartz IV
Das Sozialgericht Leipzig hatte den EuGH im Fall einer alleinerziehenden Rumänin um Klärung gebeten, die im Jahr 2010 mit ihrem Sohn zu ihrer Schwester nach Leipzig gezogen war, die sie seitdem mit Naturalien versorgt. Zudem erhält die Frau Kindergeld in Höhe von monatlich 184 Euro und einen Unterhaltsvorschuss in Höhe von monatlich 133 Euro. Ihren Antrag auf Hartz IV lehnte das zuständige Jobcenter ab, da sich die Frau nicht um eine Arbeitsstelle bemühen wollte. Auch das Sozialgericht stufte die Frau nicht als arbeitssuchend ein und bestätigte die Vorgehensweise des Jobcenters, wollte sich hinsichtlich seiner Entscheidung aber Gewissheit beim EuGH verschaffen. Grundsätzlich besteht deutsche Staatsangehörige nur dann Anspruch auf Hartz IV, wenn als Voraussetzungen Hilfebedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit bestehen und der Betroffene auf Arbeitssuche ist.

Rumänische Frau hat kein Recht auf Aufenthalt und Sozialleistungen in Deutschland
Die rumänische Frau berief sich auf das im EU-Recht verankerte Diskriminierungsverbot. Dem EuGH zufolge können Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten jedoch nur dann eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmestaats bezüglich des Anspruchs auf Sozialleistungen geltend machen, sofern sie die Voraussetzungen der „Unionsbürgerrichtlinie“ erfüllen. Entsprechend der Richtlinie sei der Aufnahmestaats aber nicht dazu verpflichtet, innerhalb der ersten drei Monate des Aufenthalts Sozialhilfe zu gewähren, heißt es in einer Mitteilung des EuGH. Bei einer Aufenthaltsdauer über drei Monate und bis zu fünf Jahren, wie in dem vorliegenden Fall der rumänischen Frau, werde das Aufenthaltsrecht davon abhängig gemacht, „dass nicht erwerbstätige Personen über ausreichende eigene Existenzmittel verfügen“. Dadurch soll dem sogenannten „Sozialtourismus“ vorgebeugt werden.

Hinsichtlich des vorliegen Falls weist der EuGH daraufhin, dass die alleinerziehende Frau und ihr Sohn „nicht über ausreichende Existenzmittel verfügen und daher kein Recht auf Aufenthalt in Deutschland nach der Unionsbürgerrichtlinie geltend machen können. Folglich können sie sich nicht auf das in der Richtlinie und der Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verankerte Diskriminierungsverbot berufen“, heißt es weiter in der Mitteilung.

Weitere Entscheidung des EuGH hinsichtlich arbeitssuchender Zuwanderer erwartet
Das Urteil des EuGH ist aber nicht generell auf EU-Bürger übertragbar, die zum Zwecke der Arbeitssuche nach Deutschland kommen, die derzeit gemäß SGB II von Sozialleistungen ausgeschlossen sind. Wie die Online-Ausgabe des „Spiegel“ berichtet, müssten einem Gerichtssprecher zufolge noch weitere Vorschriften überprüft werden, die das Gericht in seinem heutigen Urteil noch nicht berücksichtigt hat. So hat das Bundessozialgericht in Kassel den EuGH in einem solchen Fall um Hilfe gebeten. Die Entscheidung dazu steht aber noch aus.

Zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes gegen eine erwerbslose Rumänin, ihr den Anspruch auf Leistungen nach Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Hartz IV) zu verwehren, erklärt die Parteivorsitzende der LINKEN, Katja Kipping: Selbstverständlich hat jede und jeder, der sich einem Land aufhält, das Recht auf ein soziokulturelles Existenzminimum des jeweiligen Landes. Ob nun aus einem Leistungssystem für Erwerbsfähige oder für nicht Erwerbsfähige. Recht auf Freizügigkeit heißt auch Recht auf ein soziokulturelles Existenzminimum. Wer große Migrationsbewegungen innerhalb Europas befürchtet, sollte über die Angleichung der Lebensstandards in Europa auf hohem Niveau nachdenken, also eine europäische Sozialunion, die ihren Namen verdient, und über mögliche Finanzausgleiche zwischen den europäischen Ländern. DIE LINKE fordert Mindesteinkommen in allen europäischen Ländern, die in Höhe der jeweiligen Armutsrisikogrenze liegen, und durch Warenkorbberechnungen sichern, dass die notwendigen Bedarfe abgesichert sind. (ag)

Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de