Erfolg für die Rente: Rentenkürzung nach Hochrechnung gestoppt

Seit dem 1. Juli 2024 erhalten rund drei Millionen Bestandsrentnerinnen und -rentner mit einer vor 2019 begonnenen Erwerbsminderungsrente einen gesetzlich verankerten Rentenzuschlag von bis zu 7,5 Prozent.

Die Leistung sollte eine Gerechtigkeitslücke schließen, weil jüngere Jahrgänge durch spätere Reformen bereits höher gestellt waren.

Der Gesetzgeber koppelte den Zuschlag zunächst bewusst von jeder Einkommensanrechnung ab – allerdings nur befristet: Spätestens am 30. November 2025 endet diese Schutzregelung, die in § 307j Abs. 4 SGB VI geregelt ist.

Warum es den Zuschlag gibt – und für wen

Begünstigt sind alle, deren Erwerbsminderungsrente zwischen 1. Januar 2001 und 31. Dezember 2018 begonnen hat und die am 30. Juni 2024 noch einen Anspruch darauf hatten.

Der Zuschlag wird seither getrennt von der eigentlichen Rente überwiesen, damit er bis zum Ende der Schonfrist nicht als Einkommen gilt. Das monatliche Plus steigt in seiner absoluten Höhe jeweils zum 1. Juli mit dem allgemeinen Rentenwert und bleibt damit kaufkraftgesichert.

Die Schonfrist bis 30. November 2025

Während dieser Übergangszeit wird der Zahlbetrag weder auf Hinterbliebenen- noch auf Grundrenten angerechnet. Witwen- oder Witwerrenten sowie der Grundrentenzuschlag bleiben deshalb bis Ende November 2025 ungekürzt.

Für viele Betroffene bedeutete das eine spürbare Entlastung, denn bei Hinterbliebenenrenten werden sonst alle anrechenbaren Einkommen oberhalb des Freibetrags schrittweise zu 40 Prozent gegengerechnet, was in der Praxis oft mehrere hundert Euro Kürzung ausmacht.

Stichtag 1. Dezember 2025: Wenn das Plus zum Einkommen wird

Mit dem ersten Tag des Monats Dezember 2025 fällt die Sonderbehandlung weg. Der Zuschlag zählt dann als reguläres Einkommen.

Das bedeutet: Sobald die Rentenversicherung die jährliche Einkommensanrechnung vornimmt, wird der Zuschlag in voller Höhe in die Berechnung einbezogen.

Bei Hinterbliebenenrenten kann das nach heutiger Rechtslage frühestens zum 1. Juli 2026 zu spürbaren Abzügen führen, bei Grundrenten unter Umständen schon ab 1. Juni 2026; spätestens die Folgebewertungen 2027 greifen jedoch in jedem Fall.

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Konsequenzen für Witwen- und Witwerrenten

Hinterbliebene, deren eigene Alters- oder Erwerbsminderungsrente bislang unterhalb der Freibetragsgrenze lag, riskieren künftig ein Absinken ihrer Witwen- oder Witwerrente. Denn der Zuschlag kann den maßgeblichen Grenzwert überschreiten.

Schon eine Erhöhung um wenige Euro monatlich kann nach der 40-Prozent-Regel zu merklichen Kürzungen führen, weil der Zuschlag nicht nur selbst verrechnet wird, sondern weitere Freibetragsüberhänge erzeugt. Beratung durch Rentenberater oder Rentenversicherung ist daher dringend ratsam, um Überraschungen zu vermeiden.

Auswirkungen auf den Grundrentenzuschlag

Auch Beziehende des Grundrentenzuschlags waren bisher geschützt, weil der EM-Zuschlag bis Ende 2025 nicht als Arbeitseinkommen zählt. Mit dem Stichtag wird er jedoch Teil der relevanten 17-Prozent-Berechnung, die den Grundrentenabschlag auslöst.

Wer aktuell knapp unter der Anrechnungsgrenze liegt, muss mit einer teilweisen oder sogar vollständigen Kürzung rechnen. Vor allem Alleinstehende, deren Grundrente nur geringfügig oberhalb des Sockels liegt, sind gefährdet.

Grundsicherung: Schon heute volle Anrechnung

In der Sozialhilfe und der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung gibt es keine Schonfrist. Hier wird der EM-Rentenzuschlag bereits seit seiner Einführung vollständig als Einkommen behandelt.

Wer ergänzende Leistungen nach SGB XII bezieht, spürt das Plus daher nur rechnerisch, weil der Regelleistungsanspruch in gleichem Umfang sinkt. Für Betroffene ist wichtig zu wissen, dass sich daran auch künftig nichts ändert.

Handlungsbedarf vor dem Stichtag

Je näher das Ende der Schonfrist rückt, desto sinnvoller ist eine individuelle Prognose. Rentnerinnen und Rentner sollten die Rentenbescheide prüfen lassen, um zu klären, ob und in welcher Höhe eine Kürzung droht.

Wer bereits heute in der Nähe der Freibetragsgrenzen liegt, kann sich rechtzeitig auf einen geringeren Zahlbetrag einstellen oder gegebenenfalls weitere Ansprüche – etwa Wohngeld – prüfen.

Spezialisierte Rentenberaterinnen, Rentenberater oder Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit Zulassung im Rentenrecht können einschätzen, ob Widerspruch oder Änderungsantrag Erfolg verspricht.

Ausblick

Der EM-Rentenzuschlag bleibt ein zweischneidiges Instrument: Er erhöht kurzfristig das Einkommen vieler früher erwerbsgeminderter Rentnerinnen und Rentner, kann aber mittel- und langfristig zu empfindlichen Abschlägen bei Hinterbliebenen- und Grundrenten führen.

Wer die Chancen optimal nutzen und Risiken begrenzen will, sollte jetzt aktiv werden, Unterlagen sichten und fachkundigen Rat einholen. Denn was 2024 als willkommene Verbesserung startete, könnte ab Dezember 2025 zum finanziellen Bumerang werden – wenn man nicht vorbereitet ist.