Rente: Bundesregierung beschließt Aktivrente – Welche Rentner besonders profitieren und wer leer ausgeht

Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf für eine neue Aktivrente beschlossen. Der Entwurf soll noch in diesem Jahr im Bundestag beraten und verabschiedet werden, damit das Gesetz zum 1. Januar 2026 in Kraft treten kann.

Mit der Aktivrente verfolgt die Regierung ein doppeltes Ziel: Zum einen sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, einen konkreten finanziellen Anreiz erhalten, weiter im Beruf zu bleiben.

Zum anderen soll die Aktivrente dazu beitragen, den absehbaren Arbeitskräftemangel in vielen Branchen zu mildern. Der Ansatz setzt ausdrücklich auf Erwerbsarbeit im Rentenalter und kombiniert steuerliche Entlastung mit beibehaltener sozialer Absicherung.

Kern des Entwurfs ist eine monatliche Steuerfreistellung von 2.000 Euro auf Arbeitslohn und Gehalt für Personen, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben und weiterhin sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Der darüber hinausgehende Teil des Verdienstes bleibt ganz normal einkommensteuerpflichtig.

Gleichzeitig bleibt die Pflicht zur Absicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestehen. Für die Rentenversicherung gilt eine Besonderheit: Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber führen weiterhin ihren Beitragsanteil ab, während Aktivrentnerinnen und Aktivrentner selbst keine Pflichtbeiträge zahlen müssen. Sie können auf freiwilliger Basis einzahlen, um zusätzliche Ansprüche zu erwerben. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung fallen nicht an.

Anspruchsberechtigte und Ausschlüsse

Die Aktivrente ist gezielt auf eine bestimmte Gruppe zugeschnitten. Profitieren können ausschließlich Personen, die die Regelaltersgrenze überschritten haben und in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen.

Ausgeschlossen sind Beamtinnen und Beamte sowie Gewerbetreibende, Freiberufler und Selbstständige. Gleiches gilt für Erwerbstätige in der Land- und Forstwirtschaft. Rentnerinnen und Rentner mit einer vorgezogenen Altersrente sind zunächst nicht einbezogen; sie können die Aktivrente erst nutzen, sobald sie ihre persönliche Regelaltersgrenze erreicht haben.

Die eng gefasste Zielgruppe soll sicherstellen, dass der steuerliche Impuls dort ankommt, wo zusätzliche Arbeitsstunden am wahrscheinlichsten mobilisiert werden können: in regulären, beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.

Nettoeffekte und Sozialabgaben

Für die Praxis bedeutet die Steuerfreistellung, dass bis zu einem monatlichen Bruttoverdienst von 2.000 Euro keine Einkommensteuer anfällt. Überschreitungen dieser Schwelle werden wie gewohnt versteuert. Unberührt von der Steuerregelung ist die Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die sich weiterhin am Bruttoarbeitsentgelt orientiert. Dadurch bleibt die soziale Absicherung gewährleistet.

Die Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entfallen auf Arbeitnehmerseite, können aber freiwillig geleistet werden; der Arbeitgeberanteil wird in jedem Fall fällig. In Summe entsteht so ein spürbarer Nettoeffekt, insbesondere bei Verdiensten oberhalb eines Minijobs, der bereits heute einkommensteuerfrei ist. Wer beispielsweise regelmäßig mehr als die Minijob-Grenze verdient, profitiert vom steuerfreien Grundbetrag, während die bekannten Abzüge aus der Kranken- und Pflegeversicherung planbar bleiben.

Was bedeutet das im Zusammenhang mit der Altersrente und dem Rentenaufschub

Die Aktivrente ist ausdrücklich unabhängig davon konzipiert, ob bereits eine Altersrente bezogen wird oder der Rentenbeginn aufgeschoben wurde. Wer den Rentenbezug hinauszögert, erhält weiterhin die schon heute geltende jährliche Rentensteigerung von sechs Prozent für den Aufschub.

Zusätzlich können freiwillige Beiträge, die während der Aktivrente entrichtet werden, die künftige Rentenhöhe weiter erhöhen. Damit kombiniert der Entwurf zwei Anreizrichtungen: kurzfristig mehr Netto aus Erwerbsarbeit und langfristig höhere Rentenansprüche bei freiwilliger Einzahlung oder Aufschub.

Keine Anrechnung auf die Rente, kein Progressionsvorbehalt

Ein zentrales Detail ist die fehlende Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Altersrente. Seit 2023 gibt es bei Altersrenten keine Hinzuverdienstgrenzen mehr. Das schafft Planungssicherheit für Beschäftigte im Rentenalter: Der Bezug der Altersrente bleibt ungekürzt, unabhängig davon, wie viel hinzuverdient wird.

Ebenfalls wichtig ist der Verzicht auf den Progressionsvorbehalt. Die steuerfreie Aktivrente erhöht somit nicht mittelbar den Steuersatz auf andere steuerpflichtige Einkünfte. Diese Konstruktion stärkt die Transparenz und verhindert, dass der Steuervorteil an anderer Stelle wieder aufgezehrt wird.

Fiskalische Auswirkungen

Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten aufgrund der Steuerfreistellung jährliche Mindereinnahmen für den Staat zwischen 800 Millionen Euro und 1,4 Milliarden Euro.

Diese Größenordnung zeigt den Spagat, den der Entwurf lösen will: Der Staat verzichtet auf Einnahmen, um zusätzliche Erwerbstätigkeit älterer Menschen anzureizen und damit Produktivitäts- und Wertschöpfungspotenziale zu heben.

Ob die fiskalischen Effekte durch höhere Beschäftigung, zusätzliche Sozialbeiträge und indirekte Steuern teilweise kompensiert werden, wird maßgeblich davon abhängen, wie stark die Aktivrente tatsächlich Arbeitsangebot und Arbeitsstunden im Rentenalter erhöht.

Wer konkret profitiert

Besonders profitieren jene, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze in einem regulären Beschäftigungsverhältnis weiterarbeiten und über ein Einkommen verfügen, das die Schwelle eines Minijobs übersteigt. Für sie wirkt der steuerfreie Betrag von 2.000 Euro monatlich als direkter Nettohebel. Personen in Minijobs bleiben hingegen unverändert steuerfrei, sodass der Zusatznutzen der Aktivrente dort geringer ins Gewicht fällt.

Für Beamtinnen und Beamte sowie für Selbstständige ergeben sich aus dem Entwurf zunächst keine Vorteile, solange ihre Einkünfte nicht unter die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fallen.

Ob sich dies im parlamentarischen Verfahren ändert, hängt nicht zuletzt von der Bewertung der rechtlichen Bedenken und vom politischen Willen zur breiteren Ausgestaltung ab.

Arbeitsmarktpolitische Bedeutung

Die Aktivrente adressiert einen strukturellen Trend: eine alternde Bevölkerung bei gleichzeitig hoher Nachfrage nach Fach- und Arbeitskräften. Indem der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand flexibler gestaltet wird, könnten Unternehmen Erfahrungswissen länger halten und Engpässe überbrücken.

Gleichzeitig setzt der Entwurf Anreize, die mit der Lebensrealität vieler Älterer korrespondieren, die häufig in Teilzeit oder flexibel weiterarbeiten möchten. Entscheidend wird sein, ob betriebliche Praxis, Tarifverträge und Personalpolitik die neuen Optionen tatsächlich aufgreifen und attraktive, altersgerechte Arbeitsbedingungen schaffen.

Die steuerliche Entlastung ist dabei ein Baustein, ersetzt aber nicht die Notwendigkeit guter Arbeit, passender Arbeitszeiten und gesundheitsförderlicher Arbeitsplätze.

Rechtliche Fragen und Gleichbehandlungsgrundsatz

Der Entwurf wirft rechtliche Fragen auf, insbesondere mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Steuerfreistellung soll ausschließlich für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gelten, während Beamtinnen und Beamte sowie Selbstständige von der Regelung ausgenommen sind.

Kritiker sehen darin eine potenziell ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Sollte diese Kritik verfangen, wären Nachsteuerungen denkbar, etwa durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs oder durch alternative, statusübergreifende Fördermechanismen. Bis zur Verabschiedung ist daher mit intensiven fachlichen Debatten über verfassungs- und steuerrechtliche Implikationen zu rechnen.

Offene Punkte im Gesetzgebungsverfahren

Mit der Kabinettsentscheidung ist der politische Kurs gesetzt, die konkrete Ausgestaltung bleibt jedoch bis zur Verabschiedung offen. Im parlamentarischen Verfahren könnten Definitionen präzisiert, Schwellenwerte angepasst oder der Kreis der Anspruchsberechtigten nachgeschärft werden.

Ebenso ist denkbar, dass flankierende Evaluationsklauseln eingeführt werden, um die Wirkung der Aktivrente auf Beschäftigung, Staatsfinanzen und die soziale Sicherung systematisch zu messen und bei Bedarf nachzusteuern. Die Debatte über Gleichbehandlung, fiskalische Tragfähigkeit und arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit wird für die endgültige Fassung des Gesetzes maßgeblich sein.

Fazit

Der Gesetzentwurf zur Aktivrente ist ein gewichtiger Schritt hin zu mehr Erwerbsbeteiligung im Rentenalter. Die Kombination aus steuerlicher Entlastung, beibehaltener sozialer Absicherung und der Möglichkeit freiwilliger Rentenbeiträge zielt auf planbare, attraktive Rahmenbedingungen für Weiterarbeit nach der Regelaltersgrenze.