Zinsgutschriften auf ein Bausparkonto stellen keine bereiten Mittel dar. Eine Anrechnung als Einkommen erfolgt daher nicht. Denn steht der als Einkommen erlangte Wertzuwachs im Zeitpunkt des Zuflusses aus Rechtsgründen noch nicht als bereites Mittel zur Verfügung, ist die Berücksichtigung als Einkommen zu diesem Zeitpunkt auch dann ausgeschlossen, wenn der Leistungsberechtigte auf die Realisierung des Wertes hinwirken kann.
So entschieden vom BSG, Urteil vom 19.08.2015 – B 14 AS 43/14 R –
Bausparzinsen anrechenbares Einkommen
Es kommt bei Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen in einem abschließenden Prüfungsschritt darauf an, ob zugeflossenes Einkommen als bereites Mittel geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 18.2.2010 – B 14 AS 32/08 R -).
Zinsgutschrift auf Bausparkonto – nicht in Anspruch genommene Kündigungsmöglichkeit des Bausparvertrags – fehlende bereite Mittel
Von einer vorzeitigen Kündigung des Bausparvertrages hatte die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Somit wäre nur eine fiktive Anrechnung möglich.
Verweis auf fiktive Berücksichtigung ist aber nach übereinstimmender Rechtsprechung der Grundsicherungssenate des BSG unzulässig
Denn die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund der Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten – hier also der vorzeitigen Kündigung des Bausparvertrags – (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Art 1 Grundgesetz iVm Art 20 GG nicht vereinbar (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 18.2.2010 – B 14 AS 32/08 R -).
Fazit
Steht der als Einkommen erlangte Wertzuwachs im Zeitpunkt des Zuflusses aus Rechtsgründen noch nicht als bereites Mittel bedarfsdeckend zur Verfügung, ist deshalb die Berücksichtigung als Einkommen zu diesem Zeitpunkt auch dann ausgeschlossen, wenn der Leistungsberechtigte auf die Realisierung des Wertes hinwirken kann.
Anmerkung Detlef Brock
Sofern in solchen Fällen in früheren Entscheidungen eine Berücksichtigung bereits zum Zeitpunkt des Zuflusses erwogen worden ist, wenn eine Freigabe der fraglichen Mittel ohne Weiteres zu erreichen war (vgl etwa BSG Urteil vom 10.5.2011 – B 4 KG 1/10 R – ; BSG Urteil vom 16.5.2012 – B 4 AS 132/11 R – ), so ist darauf nach der zitierten jüngeren Rechtsprechung nicht mehr abzustellen.
Allenfalls ist in dieser Lage nach der übereinstimmenden Rechtsprechung beider Grundsicherungssenate des BSG vielmehr in Betracht zu ziehen, dass ein solches – einen Wertzuwachs nicht realisierendes – Verhalten einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II auslösen kann (vgl etwa BSG Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 33/12 R – ).
Schlussbemerkung
Seit dem 01.01.2023 gehören Bausparverträge beim Bürgergeld zum geschütztem Vermögen.
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Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.