Bürgergeld: Steuererstattung führt nicht zu weniger Leistungen

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Wenn mit einer Steuererstattung bestehende Dispo-Schulden nur teilweise ausgeglichen, steht Bürgergeld-Beziehern die erhaltene Einmalzahlung nicht als “bereite Mittel«” zur Deckung des Lebensunterhaltes zur Verfügung.

Das Bundessozialgericht hatte einen Revisionsantrag gegen ein Urteil des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen vom September 2019 abgelehnt und damit dem Kläger recht gegeben.

Rückzahlung darf nicht grundsätzlich als Einkommen angerechnet werden

Im Falle eines alleinerziehenden Vaters von drei Kindern in Elternzeit rechnete die Behörde 2016 bei der Ermittlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II eine Einkommenssteuerrückzahlung in Höhe von 2.382,92 Euro anteilig auf sechs Bewilligsmonate zu je 397,15 Euro als sonstiges Einkommen auf die Zahlung von ALG II an.

Die Steurrückzahlung wurde jedoch unmittelbar zum Teilausgleich bestehender Schulden im Rahmen eines Dispositionskredites auf dem Girokonto des Betroffenen verwendet und stand dem Betroffenen somit defakto gar nicht zur Verfügung.

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Dispokredit stellt kein „bereites Mittel“ zur Sicherung des Lebensunterhaltes dar

In einer Verhandlung vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen wurde eine Einigung im Rahmen einer Teilanerkenntnis erwirkt. In nächster Instanz änderte das Landessozialgericht jedoch diesen Gerichtsbescheid, da dem Betroffenen zur Sicherung des Lebensunterhaltes höhere Sozialleistungen zustünden.

Für den fraglichen Bewilligungszeitraum habe die einmalige Einnahme in Form der Einkommenssteuerrückzahlung nicht als „bereites Mittel“ zur Verfügung gestanden und dürften daher nicht als solches angerechnet werden.

Das Jobcenter könne nicht auf die Inanspruchnahme eines Dispotionskredites als verfügbare Mittel verweisen, zumal die einmalige Rückzahlung zur teilweisen Tilgung bestehender Kreditschulden herangezogen wurde.

Somit stünden dem Betroffenen weitere 1.600 Euro als Sozialleistungen zu.

Bundessozialgericht weist Revision ab

Das Jobcenter beharrte jedoch darauf, dass die belastung eines Dispo-Kredites eine normale Finanzhandlung sei und zur täglichen Lebensführung vieler Menschen gehöre, und reichte Revision ein.

Schließlich urteilte das Bundessozialgericht zugunsten des Betroffenen (B 4 AS 9/20 R). Die Teilanerkenntnis des Sozialgerichtes sei rechtswidrig gewesen.

Die Anrechnung der Einkommenssteurrückzahlung wäre zwar normativ anzurechnen gewesen, da diese aber nicht als „bereite Mittel“ zur Verfügung standen, sondern „zur Bestreitung einer aktuellen Notlage verwendet wurde und dahe rnicht mehr geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken“.

Die gesetzlichen Vorgaben sind also nach Beurteilung der tatsächlichen Lage des Betroffenen zu bewerten.

Da beide Giro-Konten des Betroffenen per Dispo-Kredit belastet waren, sei ein Verweis auf eine Inanspruchnahme eines solchen Kredites zur Deckung des Lebensunterhaltes nicht zulässig.