Bürgergeld: Sozialwohnung muss immer für das Jobcenter angemessen sein

Lesedauer 2 Minuten

Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper. Selbst in Berlin lehnt das Jobcenter inzwischen Sozialwohnungen als zu teuer ab. Vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat eine Bürgergeld-Bezieherin auf Übernahme ihrer Unterkunftskosten geklagt und Recht bekommen (Az: L 32 AS 1888/17).

Die Miete ist Teil der “Kosten der Unterkunft” (KdU), die die Jobcenter nach § 22 SGB II übernehmen müssen, sofern sie “angemessen” sind. Allerdings gibt es immer wieder unterschiedliche Auffassungen darüber, was angemessen ist und was nicht.

Jobcenter stufte Miete als zu teuer ein

Das Jobcenter hatte die Dreizimmerwohnung der Frau, die allein lebt und monatlich 680 Euro Miete zahlt, als zu teuer eingestuft. Die Behörde berief sich dabei auf Ausführungsvorschriften der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, die die Grenze für angemessene Unterkunftskosten aus dem Berliner Mietspiegel für kleine Wohnungen ableiten.

Der 32. Senat des Landessozialgerichts hält diese Vorgehensweise für unzulässig. Die so berücksichtigten Wohnungen deckten nur den Durchschnittsfall der Angemessenheit ab, nicht aber deren „Obergrenze“. Zwar könnten Leistungsempfänger der Jobcenter auf solche Wohnungen verwiesen werden, die nur einfache Bedürfnisse nach einer sicheren Unterkunft befriedigten.

Wohnungen mit einem noch als angemessen angesehenen Mietpreis müssten den Leistungsberechtigten aber auch tatsächlich zur Verfügung stehen.

Dies sei nicht der Fall und ergebe sich auch aus einer statistischen Auswertung des Wohnungsbedarfsberichts der Senatsverwaltung aus dem Jahr 2019, argumentierten die Richter am LSG.

Wohndefizit in Berlin

Danach gebe es in Berlin 76.000 Haushalte (davon 33.000 Einpersonenhaushalte), die Grundsicherungsleistungen beziehen, deren Mietkosten aber über den von den Jobcentern zugrunde gelegten Grenzwerten liegen. Gleichzeitig weist der Bericht allein im Bereich der Wohnungen für Einpersonenhaushalte ein massives Wohnungsdefizit von 345.000 Wohnungen aus.

Demnach sei der Mietspiegel lediglich ein Mittelwert und kein Grenzwert, so die Richter:innen. Deshalb gebe es bei der Angemessenheit auch Spielraum nach oben. Theoretisch könne das Jobcenter die Leistungsbezieher auf günstigere Wohnungen verweisen, diese müssten aber auch tatsächlich verfügbar sein.

Die Situation verdeutlicht der Wohnungsbedarfsbericht der Senatsverwaltung aus dem Jahr 2019. Demnach waren rund 76.000 Haushalte von einer Wohnkostenunterdeckung betroffen und es fehlten rund 345.000 Wohnungen.

Im Vergleich zu anderen Sozialwohnungen sei der Preis der Wohnung der Klägerin durchaus angemessen. Die Kosten für Sozialwohnungen sind niemals unangemessen hoch, da es gerade das Ziel von Sozialwohnungen ist, bezahlbaren Wohnraum für Grundsicherungsempfänger:innen zu schaffen.

Berufung am Bundessozialgericht zugelassen

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Landessozialgericht hat die Revision zum Bundessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...