Bürgergeld: Sind Hunde ein unabweisbarer Sonderbedarf? Zumindest nicht in diesem Fall

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Das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied: Hundehaltung gehört nicht zu dem Existenzminimum, das das Bürgergeld gewährleisten muss. Auch wenn die Haltung eines Hundes soziale Unterstützung / Familienersatz biete und helfe, eine Tagesstruktur aufrechtzuerhalten, begründe dies keinen unabweisbaren, besonderen Bedarf.(Az: L 9 AS 2274/22)

Worum ging es?

Der Betroffene klagte, um die Übernahme der Kosten von 2.000,00 Euro für die Anschaffung eines Therapiehundes zu erreichen, sowie die Übernahme der laufenden Kosten für das Tier in Höhe von 200,00 Euro monatlich für Versicherung / Steuer, Futter und medizinische Grundversorgung.

“Seelischer Schaden durch Lockdown”

Der Kläger ist selbstständiger Programmierer und Elektroniker und bezieht seit 2005 vom Jobcenter Arbeitslosengeld II. Er beantragte beim Jobcenter die Übernahme von Kosten für ein Therapie-Haustier (besonderer Begleithund).

Er begründete dies damit, dass “der Staat” ihn während der Pandemie durch Lockdowns, Ausgangssperren und fehlende soziokulturelle Angebote derart isoliert habe, dass er seelisch geschädigt worden sei.

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“Selbstbestimmte Tier-Therapie”

Das Gericht fasst zusammen: “Er wolle in einer selbstbestimmten Tier-Therapie diese Schäden kompensieren und heilen. Die positive und heilende Wirkung von Tieren sei wissenschaftlich bewiesen und bedürfe keines weiteren Beweises.”

Bei der Therapiedauer sei von Lebenszeit auszugehen, der geeignete Hund koste rund 2.000,00 Euro, hinzu kämen laufende Kosten von 200,00 Euro pro Monat.

Das Jobcenter lehnt ab

Das Jobcenter lehnte ab, und der Betroffene legte Widersprich ein, mit der Begründung, die Ablehnung sei verfassungswidrig sowie medizinisch / soziologisch unbegründet. Die Fürsorgebehörde sei zuständig, Teilhabe und soziale Integration während der Corona-Pandemie so zu erbringen, dass die Folgen (Ausgangssperre / Isolation) langfristig kompensiert werden könnten.

“Wirksamkeit von Tier-Therapien wissenschaftlich belegt

Das gelte ebenso für die Kriegsgefahr und Krisensituation, sowie die Kostenexplosionen. “Die Wirksamkeit von Tier-Therapien und Begleithunden sei wissenschaftlich und medizinisch bekannt und belegt. Für solche Sonderleistungen sei weder der Regelsatz ausreichend, noch könne der Beklagte die Fürsorgepflicht auf Dritte abwälzen.

Da er schon früher einen Begleithund gehabt habe, könne er die Wirksamkeit für diesen unabweisbaren Sonderbedarf belegen.”

Berufung wird zurückgewiesen

Nach dem Weg durch mehrere Instanzen lehnte das Landessozialgericht Baden-Württemberg endgültig das Begehren des Klägers nach Zahlung eines Begleithundes ab.

Es gebe im Sozialgesetzbuch II keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für einen Mehrbedarf wegen Tierhaltung. Der Kläger verlangte soziologisch-psychologische Gutachten, um zu klären, ob in seinem Fall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf bestehe. Der Senat sah dies als unberechtigt an.

Kein unabweisbarer besonderer Bedarf

Auch die Auffassung dass Klägers, die Haltung eines Begleithundes könne die von ihm behauptete Unterversorgung, soziokulturelle Ausgrenzung und soziale Isolation beheben, teilte das Gericht nicht. Dabei stellte es nicht in Frage, dass ein Hund dem Kläger Familienersatz bieten könne.

Einen besonderen Bedarf im Sinne einer atypischen Bedarfslage sah das Gericht deshalb nicht, weil die Kosten nicht zwingend anfielen wie zum Beispiel beim erhöhten Hygienebedarf bei bestimmten Erkrankungen. Der Kläger könnte die Kosten der Hundehaltung vermeiden, indem er sich keinen Hund anschaffe. Auch könne er uneingeschränkt soziale Kontakte pflegen, ob mit oder ohne Hund.

Ein generell als zu niedrig betrachteter Regelsatz ist kein individueller Härtefall

Die Behauptung des Klägers, die Folgen von Corona, Krieg und Katastrophen seien nicht durch den Regelsatz abgedeckt, hätte nichts mit der Härteklausel Paragraf 21, Abs. 6 SGB II zu tun.

In diesem ginge es um individuelle Härten und nicht darum, einen generell für unzureichend erachteten Regelsatz aufzustocken.

Muss das Jobcenter generell keine Therapiehunde bezahlen?

Lässt sich aus dem Urteil schließen, dass Jobcenter generell keine Therapiehunde Leistungsberechtigter bezahlen müssten? Das sagte das Gericht nicht, sondern führte aus, warum dieser Kläger in diesem Fall keinen solchen Anspruch hätte.

Müsste zum Beispiel ein Therapiehund bezahlt werden, wenn dessen Haltung mit medizinischen / psychiatrischen Gutachten als unabweisbarer Mehrbedarf vergleichbar ist zum Beispiel mit höheren Hygienekosten bei bestimmten Krankheiten? Das bleibt offen.

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