Bürgergeld: Mehrbedarf für weniger Kalorien?

Eine Diätkost, um Gewicht zu reduzieren, rechtfertigt keinen ernährungsbedingten Mehrbedarf nach dem Sozialgesetzbuch II. So entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg und klärte in der Begründung die Voraussetzungen, um diese erhöhte Leistung des Jobcenters zu erhalten. (L 12 AS 507/15).

Antrag auf Mehrbedarf

Der Betroffene bezog Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II. Er beantragte, ihm einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung zu gewähren – in Höhe von 30,00 Euro pro Monat. Dazu legte er eine Bescheinigung eines behandelnden Arztes vor.

Erhöhtes Blutfett und Fettleber

Die Bescheinigung belegte, dass der Betroffene an erhöhten Blutfettwerten und einer Fettleber litt. Er litt an einer Fettwechselstörung mit starkem Übergewicht. Dem Arzt zufolge benötigte er eine fettarme Ernährung.

Ärztlicher Dienst erstellt Gutachten

Der ärztliche Dienst der Bundesagentur der Arbeit bestätigte, dass bei den vorliegenden Gesundheitsstörungen auf eine bestimmte Ernährung zu achten sei. Bei Störungen des Fettstoffwechsels bedeute das den Verzicht auf besonders fettreiche Speisen, insbesondere die Einschränkung von gesättigten Fetten und Cholesterin.

Kein kostenaufwändiger Mehrbedarf

Dazu bedürfe es aber keiner speziellen und kostenintensiven Diätprodukte. Denn geeignete Nahrungsmittel gebe es in großer Auswahl in Lebensmittelmärkten, und das ohne Mehrkosten. Ebenso seien regelmäßige Bewegung und ein normales Körpergewicht hilfreich. Das Jobcenter lehnte einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung ab.

Klage vor dem Sozialgericht

Der Betroffene klagte vor dem Sozialgericht Heilbronn, um seinen Anspruch durchzusetzen. Er war überzeugt, seine spezielle fettarme Kost erfordere einen finanziellen Mehraufwand, und deshalb habe er Anspruch auf einen Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung.

Die Richter holten die Einschätzung eines weiteren Arztes ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, der Betroffene sollte seine Ernährung umstellen und die aufgenommenen Kalorien mindern. Dazu sei eine ausgewogene Mischkost mit frischem Gemüse gut, auf Fast-Food und Konservennahrung solle er verzichten. Es ginge vor allem darum, sein massives Übergewicht zu reduzieren. Zwar seien frische Produkte durchaus kostenintensiv,  spezielle teure Diätprodukte seien aber nicht nötig.

Ist Ihr Bürgergeld-Bescheid korrekt?

Lassen Sie Ihren Bescheid kostenlos von Experten prüfen.

Bescheid prüfen

Ein behandelnder Arzt stimmte der Einschätzung zu und betonte, eine fettarme Kost ohne Mehraufwand sei ausreichend.

Das Sozialgericht wies die Klage ab und begründete dies damit, er benötige keine kostenintensive Ernährung, die von gesunder Vollkost abweiche. Der Mann legte vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung ein.

Keine besondere kostenaufwändige Ernährung

Die Richter am Landessozialgericht erörterten ausführlich, was ein ernährungsbedingter Mehrbedarf im Sozialgesetz bedeute. Die Voraussetzung sei zum einen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden und drohenden Erkrankung und einer besonders kostenaufwändigen Ernährung bestehe.

Besondere kostenaufwändige Ernährung beziehe sich jedoch nicht auf Vollkost, denn hier gehe der Gesetzgeber davon aus, dass diese mit dem Regelbedarf abgedeckt sei. Zwar könne Fettleibigkeit im Einzelfall einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bedeuten, das sei aber hier gerade nicht der Fall.

Die Zeugenaussagen zeigten vielmehr deutlich, dass beim Betroffenen kalorienreduzierte Ernährung und Ernährungsberatung im Vordergrund stünden.

Kalorien reduzieren kostet kein zusätzliches Geld

Die Richter führten wörtlich aus: „Weniger Nahrungsmittel zu sich zu nehmen und hierbei gesundheitsbewusste Entscheidungen zu treffen, führt nicht zur Notwendigkeit einer im Vergleich zur Vollkosternährung besonders kostenaufwändigen Ernährung. Die dem Kläger aus gesundheitliche Gründen angeratene kalorienreduzierte, lipidarme Ernährung ist daher im Rahmen einer Vollkosternährung möglich und zieht keine weiteren Kosten nach sich.“

Auch die Berufung blieb also ohne Erfolg. Ein Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung besteht hier nicht, da kalorienreduzierte Nahrung und der Verzicht auf gesättigte Fette und Cholesterin keine besonderen zusätzlichen Kosten verursachen.